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DIVING FOR SUNKEN TREASURE  Motherfucker Jazz BarFalls DIVING FOR SUNKEN TREASURE ein Geheimnis haben, ist es das hier: Sie verwandeln jeden Ort - einschließlich des Wohnzimmers, in dem ihre Musik auf Zimmerlautstärke laufen muss - in eine „Motherfucker Jazz Bar", die dich spät nachts und doch viel zu früh hinaus auf die kalten Straßen der Stadt spuckt.

Mit ihrem dritten Longplayer haben die Wahlberliner ihren musikalischen Kosmos erneut entscheidend erweitert. Die auf dem Vorgänger „Raa!" bereits vorhandene Elektrifizierung ihres Sounds ist nun integraler Bestandteil des weiterhin auf akustischen Instrumenten basierenden Gipsy-Blues-Punk-Bastards. Klassische Variationen des ureigenen Stils wie „At The Harbor" oder der bereits vorab veröffentlichte, kapitale Hit „Caravan" erklingen neben kurz-knackigen Punksongs wie „Revolver" oder einer mit kompetenten Gastmusikern an Piano, Violine und Cello veredelten Ballade („Stormy Sea"). Dazu gibt es vertrackte Stücke wie „Let's Hear It For Efficiency", das in anderthalb Minuten trotz seiner Kompaktheit durch mindestens vier verschiedene Songs zu pflügen scheint.
Wundertüte: Ja. Stückwerk: Nein. „Motherfucker Jazz Bar" fällt nicht auseinander, sondern funktioniert trotz all der gebotenen Abwechslung als Album. DIVING FOR SUNKEN TREASURE können sich auf ihren Sound verlassen: emotionale Melodien verpackt in arschtretende Kompositionen kombiniert mit einer geradezu greifbaren Spielfreude, die nicht zuletzt der bewussten Entscheidung zu verdanken ist, möglichst viel live einzuspielen. So findet man auch nach zigfachem Hören immer wieder etwas Neues, wie dieses als Gitarrenlick getarnte, funkelnde Kleinod zur Mitte des mitreißenden „Bridges". Einen prima Eindruck von der intimen Atmosphäre, in der die Platte entstanden ist, bekommt man durch das Video zu „Stormy Sea",das den Aufnahmeprozess dokumentiert:
Ebenfalls nicht unwesentlich für den harmonischen Gesamteindruck des Sounds ist der Fakt, das erneut Sebastian Kiefer (alias Huckleberry Blues, Sänger/Gitarrist der Band) hinter den Reglern saß. Wie schon bei den Vorgängeralben vollbringt er das Kunststück, mit trocken-transparenter Produktion die Liveenergie des Quartetts auf den Tonträger zu bannen. Trotz des Labels im Rücken ist es also ein echtes DIY-Projekt.
Und dann, mit dem Verklingen der letzten, hier erstmals an Jazz erinnernden Töne des bes(ch)wingten „Going Down", endet nach 40 Minuten eine an Emotionen und Ideen so reiche Platte (jawoll, gibt‘s tatsächlich auch als transparentes Vinyl), dass andere Bands problemlos zwei Doppelalben daraus destilliert hätten. Man fragt sich kurz, wie das beim nächsten Mal getoppt werden soll, zuckt kurz mit den Schultern, dreht die Platte um und sucht nach einem Termin für das nächste Livekonzert. Garantiert keine Zimmerlautstärke.
TIPP: In der Jubi-WAHRSCHAUER-Ausgabe #62 stellen wir euch die Band mit „At The Harbor" auf dem Sampler vor und es gibt ein Track-by-Track-Listening von „Motherfucker Jazz Bar" mit der gesamten Band im Heft!
Rookie Records / Cargo - VÖ: 15.02.2013