badreligion031.jpgEtwas Intelligentes aus den Staaten!

Berlin/4.6.2008 im Huxleys: BAD RELIGION erinnern zuweilen an The Simpsons: beide verkörpern etwas Intelligentes aus den Staaten, beide gibt es schon sehr lange, politische und gesellschaftliche Kommentare im Werk lassen oft auf die Entstehungszeit schließen und der Standard des künstlerischen Outputs ist – von ganz wenigen ...

Ausnahmen (hier: elfte Staffel, dort: „The new America“) hoch. Deshalb ist das Huxleys gut gefüllt mit Fans zwischen siebzehn und einundfünfzig – grob geschätzt. Die Bühne ist relativ leer, das Logo hängt groß im Hintergrund, überall stehen Selters-Flaschen rum für die Band und eine (1) Flasche Whisky, die aber – so weit ich das sehe – während der folgenden anderthalb Stunden unberührt bleibt. Ein Geheimnis bleibt die Auswahl dieses Getränks, handelt es sich dabei doch um einen eher „prollige“ (Deutschland) „Redneck“ (Amerika)-Sorte mittlerer Preisklasse. Will die Band Bodenständigkeit zeigen? Wurde die Flasche zufällig gewählt? Denkt über so etwas jemand nach? Wie dem auch sei - ein paar euphorische Fans stimmen zu Anfang „Hey ho – let´s go!“ an. Sänger Greg Graffin betritt die Bühne und sagt: „Es tut mir leid“ (auf deutsch). Was ihm leid tut, bleibt ebenfalls ein Geheimnis. Das Dahinscheiden der RAMONES vielleicht? Es ist interessant, wie unterschiedlich einzelne Bandmitglieder altern, wobei Brett Gurewitz – ähnlich wie Trent wie-Phönix-aus-der-Asche Reznor - aufgrund veränderter Lebensweise, d. h. weglassen bestimmter Dinge aus dem Körper, zunehmend wie ein agiler Jungspund wirkt, der gerade das College verlassen hat. Wie er es geschafft hat, den Alterungsprozess umzukehren, ist das bereits dritte Geheimnis dieses Gigs.

Die ersten drei Songs sind „21st Century Digital Boy“, „New Dark Ages“ vom neuen Album „New Maps Of Hell“ und „Punk Rock Song“, womit die Richtung klar ist, welche das Konzert nehmen wird: ganz neue Songs gemischt mit mittelalten Hits und Klassikern. Zwischendurch erzählt Greg Anekdoten, wie er zum Beispiel nachmittags vom Hauptbahnhof zum Veranstaltungsort fuhr und der Taxifahrer ihm verboten hat, das Seitenfenster zu öffnen, oder was er in einer amerikanischen Zeitung auf Seite 10 über den Flughafen Tempelhof las. Interessant: da denkt man, der Sänger ist ständig in Sachen Punkrock und Universitäts-Vorlesungen unterwegs, aber er outet sich als jemand, der im sonnigen Kalifornien lebt und auf Seite 10 nachschaut, was langweiliges über Berlin berichtet wird. Hat er deshalb gemerkt, dass nicht alles in Berlin toll ist? Jedenfalls äußert er Kritik an den Stadt-Veränderungen aufgrund des Kapitals. Erstaunen und nicht unbedingt Zustimmung erntet er mit der Aussage, als Berliner hätte er für den Flughafen Tempelhof gestimmt.
 
Der Gig ist – wie nicht anders zu erwarten, super. Ein Hit reiht sich an den nächsten, wobei eine sehr gut gelungene Version von „Generator“ glänzt. Beim Publikum kommen – unter anderem - „Come Join Us“ und „Suffer“ besonders gut an, denn hier pogen nicht nur die ersten Reihen, sondern der ganze Saal. Die letzten beiden Songs sind „American Jesus“ und „Sorrow“, wobei ich nicht sicher bin, ob diese jetzt als größte Hits der Band anzusehen sind. Sollte aber jemals ein BAD-RELIGION-Video-Contest veranstaltet werden, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese beiden Tracks gewinnen.
 
Um noch mal auf den Vergleich Simpsons-BAD RELIGION zurück zu kommen: eine verlässliche Komponente gibt es immer. Bei den erstgenannten sind die Halloween-Folgen jedes Mal phantastisch, bei BAD RELIGION trifft das auf die Live-Gigs zu. Greg erzählt dem Publikum, dass er früher dachte, ungefähr im Jahr 2004 sei Schluss mit der Band, aber das Publikum wolle das nicht. Richtig, das wollen wir nicht. Punk lässt sich hoffentlich über diverse Lebensjahrzehnte bis zum Alter von ungefähr einhundertacht leben. Nicht nur, aber auch mit und wegen BAD RELIGION.