realmc.jpgVollgas unterm Schottenrock!

Berlin / 3.7.2008 im SO36: Das letzte Konzert der Kanadier schottischer Abstammung war lange her. Heute sollten sie mit der DDR–Punklegende KALTFRONT und den Berliner Folk-Punkern von THE POKES in Kreuzberg spielen.

Man trank das erste Bier vor der Halle, wo noch nicht all zu viel los war und genoss das schöne Sommerwetter. Kurz vor Beginn begab ich mich hinein. Aber irgendwas war mit der Halle, sie wirkte kleiner und gestauchter. Nein, ich war nicht vor der Show schon sturzbetrunken, das kam erst später... Die Halle war tatsächlich kleiner, weil das SO36 die Bühne weiter nach vorne gebaut hatte. Was im Umkehrschluss hieß, dass der Vorverkauf nicht gut lief. Schade für die Bands, schade für’s SO36.
 
THE POKES betraten pünktlich die Bühne und boten ihren Folkpunk recht solide dar. Auf CD klingt die Band ziemlich gut, aber live ließen sie zu wünschen übrig. Insgesamt wirkte alles zu sauber, um pubgeschwängerten Folkpunk authentisch darzubieten. Das anwesende Publikum schaute sich die Band interessiert an. Einige gingen auch in den hinteren Bereich des Clubs, um sich in Ruhe zu unterhalten. Ich hatte von der Band mehr erwartet.

KALTFRONT waren da schon ein anderes Kaliber. 1986 in Dresden gegründet, spielen sie nach Trennung und Reunion heute wieder einige Konzerte. Das Publikum war bei KALTFRONT deutlich mehr bei der Sache. Die Band stellte mit ihrem spröden, teils sehr avantgardistischen Deutschpunk einen deutlichen Break zu THE POKES dar und waren auch besser. Textlich sind KALTFRONT ebenso spröde wie die Musik. Vergleiche mit den alten EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN, aber auch mit ABWÄRTS kann man durchaus ziehen. Abgesehen von ihrer Musik würde die Band auch sehr gut in den EBM Bereich passen: Kleidung, Frisuren und das Auftreten erinnerten stark an diese düstere Musikrichtung. Neben den vielen Reunions alter Bands ragt KALTFRONT positiv heraus.

Nun lag es an THE REAL McKENZIES, den Abend endgültig in eine Party zu verwandeln. Während die Band auf der Bühne stand und die Instrumente einstöpselte, stand Sänger Paul in aller Ruhe am Merchandise und unterhielt sich. Als die Band dann anfing, betrat er ruhig die Bühne. Doch kaum ertönten die ersten Klänge, war die Ruhe vorbei - die Band gab von der ersten Sekunde an Vollgas. Der Sound war perfekt, Band und Publikum waren heiß. THE REAL McKENZIES rissen das Publikum mit und das Publikum riss die Band mit. Es war eine fantastische Stimmung, der Saal kochte und jeder hatte Spaß. Die Band ist musikalisch noch besser geworden. Die Songs wurden mit deutlich mehr Druck gespielt als bei ihrem letzten Konzert im SO36. Das Timing war richtig gut. Sie wirkten sehr frisch und boten ein Set aus Klassikern sowie Songs von ihrem neuen Album. Besonders die neuen Stücke fielen durch Geschwindigkeit und Druck auf. Den Kasten Becks, den die Musiker sich zu Beginn des Gigs auf die Bühne gestellt hatten, war am Ende leer. Teilweise selber getrunken, teilweise vom Publikum. So wurde es eine richtig klasse Party, getragen durch den unglaublich guten Auftritt der Kanadier. THE REAL McKENZIES sind noch ein paar Tage in Deutschland auf Tour, unter anderem spielen sie auch auf dem Force Attack Festival. Verpasst sie nicht!