normahl_1Zwischen Party und Protest!

 

 

 

Berlin / 29.04.2011 im Tommy-Haus: Das Tommy-Haus in Berlin-Kreuzberg ist seit 38 Jahren ein Zufluchtsort für Alternative, Punks und Andersdenkende. Das Haus und seine Bewohner haben schon gute

und schlechte Tage erlebt. In letzter Zeit scheinen die guten Tage wieder in sichtbare Nähe gerückt zu sein. Die Konzerte, die dort stattfinden, sind wieder von namhaften Bands. Und wie man an diesem Abend sehen und hören konnte wurden auch Teile der Musikanlage erneuert.


 

Die drei Truppen des heutigen Abends kamen also in den Genuss, die teilweise neue Anlage zu spielen. An diesem milden Frühlingsabend war um 21.30 Uhr drinnen noch wenig los. Man genoss die laue Nacht, aß leckere Wurst vom Grill oder nahm den ersten Drink am Cocktailtresen zu sich, der ebenfalls draußen aufgebaut war. Selbst die Jungs von NORMAHL saßen fast komplett draußen zwischen den Leuten und genossen die Stimmung.

Bei diesem relaxten Ambiente war es auch nicht verwunderlich, dass der Beginn des musikalischen Programms ganz entspannt nach 22.00 Uhr begann. POMMES ODER PIZZA starteten mit ihrem Unterhaltungsprogramm, das sich irgendwo zwischen Punkrock, Nonsens und lustigen Anekdoten einpendelte. Viel habe ich davon nicht mitbekommen, aber zumindest musikalisch klang manches nicht übel. Den vielleicht 100 Anwesenden schien der Sound zu gefallen. Partypunk for partypeople.

 

Als zweites spielten TEMPO 30 aus Berlin, die laut Internet Oi-Punk oder Punkrock mit Oi-Einschlag darbieten. Nun ja, vielleicht war ich von den ersten Bieren des Abends schon benebelt, aber was die Truppe da rüberbrachte war eigentlich nix anderes als das der ersten, nur mit einem etwas gefestigteren Sound. Als Höhepunkt des Auftritts war sicherlich die Sonnenbrille des Sängers zu sehen, die ständig völlig krank in bunten Farben blinkte und Lichtblitze von sich gab. Ein übles Teil. Mehr Zuschauer als bei POMMES ODER PIZZA waren im Schicksaal, dem Konzertraum des Tommy-Hauses, nicht zu verzeichnen. Allerdings war noch ein ganzer Schwung Leute draußen im Innenhof, und so versprach es bei NORMAHL doch noch recht voll zu werden. Ich nahm auch noch mal frische Luft zu mir, bevor ich es mir mit einem neuen Bier vor der Bühne gemütlich machte. Diese Idee hatten andere auch, und so stand vor der Bühne schon eine ansehnliche Zahl von Bunthaarigen und Skinheads, um die Punk-Musiker aus dem Schwabenland zu sehen. Diese ließen sich nicht lange bitten und fingen nach kurzer Umbaupause auch prompt an.

 

Gestartet haben NORMAHL mit dem Song „Das ist Punk“, was perfekt passte und die jetzt ungefähr 150-200 Anwesenden, deren Alterschnitt von jung bis mindestens 40 Jahre reichte, zu Pogo und lautstarkem Mitsingen animierte. Der Sound war rotzig und druckvoll, wie man ihn kennt und für den man NORMAHL liebt. Vor der Bühne wurde der Pogo recht ruppig aber nie unfair, während es weiter hinten ruhiger aber nicht weniger begeistert zuging. Der Band schien die Stimmung gut zu gefallen, und so kamen nach und nach immer mehr Songs, die man von NORMAHL hören wollte. Das Set war ein guter Querschnitt über ihr gesamtes Schaffen; Von „Fahneneid“, der bereits auf ihrem ersten Tonträger „Stuttgart über Alles E.P.“ enthalten ist, bis zu „Hartz IV“ aus dem Album „Voll Assi“ aus dem Jahre 2005. Natürlich fehlten auch die Evergreens wie „Biervampir“, „Fraggels“, „Exhibitionist“ oder „Hier regiert der AVC“ nicht. Die Schwaben lieferten ein langes Set ab, was ich so nicht erwartet hatte, und so war der Auftritt für das anwesende Publikum ein lang anhaltender Genuss. Deutschpunk von seiner besten Seite wurde präsentiert, der zu Pogo und guter Laune aufrief, allerdings nie die Politik und Gesellschaftskritik außer Acht ließ. Es war ein toller, feuchtfröhlicher Band zwischen Party und Protest.

Allerdings habe ich in Anbetracht der Tatsache, dass die Band nicht all zu oft in der Hauptstadt spielt, noch mehr Publikum erwartet. Toll war es trotzdem! Ein klasse Abend.