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FRIEDEMANN - Uhr vs. ZeitOhne doppelten Boden

Leise im Ton, laut in der Botschaft: FRIEDEMANN hat mit "Uhr vs. Zeit" ein Album hingelegt, das stört, verstört - und das man nicht überhört. Denn je leiser FRIEDEMANN wird, desto lauter schallt die Botschaft aus den Songs. Wenn der Frontmann der Rügener Trash-Punk-Heroen COR die ruhigen Töne anschlägt, lohnt es sich, ganz genau hinzuhören. So viel Hingabe, so viel Leidenschaft und so viel Stille, aber in den aufrüttelnd dunklen Momenten stets spürbare Wut, ist in diesem Jahr zumindest in Deutschland noch nicht in Töne gegossen worden. Aber nicht die destruktive Art der Wut, nein, FRIEDEMANN spielt lieber mit dem Aufbruch als mit der Anklage.

Er erzählt Geschichten aus dem Leben, vor allem natürlich aus seinem Leben. Geschichten von einem, der rumkommt, der sich Gedanken macht - über sein unmittelbar gestaltbares Umfeld als auch über das "große Ganze". Das mündet in einer Eingängigkeit, die einen nicht mehr loslässt: Die Musik als Bett, in dem sich der Text räkelt und ausstreckt und breit macht. Und dann klaut er einem die Decke, sodass man nackt und ohne Schutz daliegt und sich seiner eigenen Verletzbarkeit bewusst wird. "Uhr vs. Zeit" ist genau so entstanden: Ohne Deckung, ohne doppelten Boden, ohne Vorhang, hinter dem sich der Künstler hätte verstecken können. Und das alles vor allem mit Gitarre und Stimme. Im Stile der alten Liedermacher aber ohne den Pathos eines notorischen Klassenkämpfers. FRIEDEMANN ist der Singer-/Songwriter, den man nicht nur seinen Genossen, sondern vor allem seinen Widersachern im Alltag vorspielen kann und sollte: Mitreißend, eindringlich aber nicht aufdringlich. Wenn Chuck Ragan das neue Rollenmodell für den US-Liedermacher mit gesellschaftlichem Auftrag ist, dann darf sich FRIEDEMANN seit "Uhr vs. Zeit" zumindest als dessen Norddeutscher Stellvertreter bezeichnen.

 


 

TIPP: Samplertrack & Interview im nächsten WAHRSCHAUER #63!

Till E.