BAND: MAX HERRE
ALBUM:

LABEL: Nesola Universal Music – VÖ: 24.8.2012
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Zuletzt aktualisiert am: 04. November 2012
Als einer der wenigen deutschen Künstler beweist Max Herre den Mut, ehrlich den Finger in die Wunden zu legen, die zu viele Menschen ignorieren. Er ist politisch klar, macht aufmerksam und stellt Fragen, auf die der Hörer kopfnickend seine eigenen Antworten finden kann. 2012 ist somit genau das richtige Jahr für eine neue Platte des Mannes aus dem Schoß der Kolchose. Während man bei „Ein geschenkter Tag" auf dem Rücken liegend über die Liebe und das Leben nachdenken konnte, zwingt einen „Hallo Welt!" wieder auf die Beine, setzt Kopf und Füße in Bewegung und lässt die Message so flüssiger dort ankommen, wo sie es vermutlich soll. Max' Konzept, die Platte wie ein Piratensender namens „Kahedi Radio" klingen zu lassen, funktioniert durch ins Boot geholte Hörfunkmoderatoren wie dem großartigen Samy Deluxe, Patrice, Aloe Blacc und Rap-Größen wie Afrob, Marteria und Megaloh ganz gut. Anders als bei anderen Weltempfängern hört man beim Sender suchen kein Rauschen, kein Holpern, viel mehr klingt es nach einer Radiostation, deren Jingles clever durchdachte Skits sind, für Kopf und Herz. LogikFM. Neben Vielfalt erkennt man auf „Hallo Welt!" wieder das, was man, wenn man seine Jugend mit Freundeskreis verbrachte, von ihm erwartet: Beats, Bässe, Joy Denalane, Skills und unverwechselbarer Flow. Die erste Auskopplung „Wolke 7", die durch Philipp Poisel in meinen Ohren ein bisschen zu schlageresk daher kommt, ist also nicht das beste Aushängeschild für die Platte. Ich bin froh, dass von seinem Ausflug in das Singer/Songwriter Genre nur Songs wie „Nicht vorbei" (in dem er nicht mal vor einem trashigen Sampler eines 90er Jahre Hits Halt macht) als musikalische Postkarte auf „Hallo Welt!" ankamen. Man muss es nicht mögen, aber als weitere Facette seiner Vielfältigkeit hören. Hüpfende Herzen werden von „Fühlt sich wie fliegen an" zum Tanz aufgefordert. Eine Hommage an die Liebe, die selbst mit Panda-Maske nicht an Ernsthaftigkeit verliert. Kurzzeitig fragt man sich, wo Clueso denn eigentlich ist, aber im Booklet wird man ihn sicherlich finden. Im eigenen Herzen wird man die Gefühle finden, die von „Berlin-Tel Aviv" wie automatisch ausgelöst werden. Die Schweizerin Sophie Hunger gibt dem Stück durch ihre Stimme die nötige, schwere Leichtigkeit. Wer bis zu diesem Zeitpunkt der Platte auf eine Track à la „Maximimaxima Maximax ist da“ gewartet hat, wird von „1992" nicht enttäuscht. Ein 1:34 Minuten Brecher, der einen daran erinnert, warum man Hip Hop liebt. In „Einstürzen Neubauen“ gibt sich Samy Deluxe die Ehre. Meiner Meinung nach der intensivste Track der Platte. Er treibt an, lädt dazu ein Tapeten von den Wänden zu reißen, mit Sprühdose oder Nagellack anarchistische Symbole auf die Fassaden zu bringen und dabei wie Max und Samy kollektiv ‚Macht kaputt was euch kaputt macht‘ zu brüllen. Stark. Am Ende gibt Max Herre allen Fragenden mit „Rap ist" die Antwort darauf, warum „Hallo Welt!" so klingt, wie es klingt und warum es für einen Musikliebhaber zwingend notwendig ist, den Plattenladen seines Vertrauens aufzusuchen.
C. G.
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