BAND: CHICKS ON SPEED
ALBUM:

LABEL: Chicks on Speed Records
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Zuletzt aktualisiert am: 07. Februar 2008
„Brush it up, rip it down, expensive glorious wallpaper....!“ Melissa von den CHICKS ON SPEED hatte bereits im Wahrschauer-Interview (Ausgabe #53) erwähnt, dass einige Leute ganz schön lange Gesichter machten, als die Band in Zusammenarbeit mit dem hier auch vertretenen Künstler Douglas Gordon den Song “Art Rules” im MOMA vorstellten, denn die Kunst-Szene bekommt ganz schön ihr Fett weg. CHICKS ON SPEED schlagen diese nämlich mit ihren eigenen Waffen, nämlich Kunst. Nur ist diese hier in dem Fall nicht von millionenschweren Banken, Autoherstellern und anderen Industriellen aufgeblasen, gesponsert oder gehypt aus Selbstbeweihräucherungs- oder klug geplanten Investitionsgründen, („Art is a playground for people who have everything...“) sondern kommt daher, wo vor allem neben Punk auch interessante, gute Musik und Kunst herkommt: aus dem Spaß daran, sich auszudrücken und etwas Kreatives herzustellen. Andy Warhol wird erwähnt, was nicht verwundert. Nach den wirklich interessanten und aufregenden Werken seiner Früh- und vor allem mittleren Zeit, in der er ständig seltsame und megaspannende Leute und Lebensweisen in den Mittelpunkt seiner Werke stellte und dem Mainstream den Mittelfinger zeigte (wobei er sich aber auch von verschiedenen Seiten den Vorwurf des Benutzens oder Ausnutzens gefallen lassen musste), wurde er doch sehr zum Lakaien der Superreichen, die er portraitierte und für die Kunst genau das war, was CHICKS ON SPEED in diesem Song beschreiben. Er war vielleicht ein Vorreiter für das, was heute in der Kunstwelt geschieht. Mehr zu diesen Themen steht in einem seiner lustigen und gut geschriebenen Bücher unter „Business-Kunst/Kunst-Business“. Die Gedanken treiben mich weiter in die Richtung, ob Mister Warhol so wurde, weil er mit bestimmten Sachen, die in ihm vorgingen, nicht so gut klar gekommen ist, und ob dies dazu beitrug wie er sich selbst inszenierte, aber das sprengt wohl den Rahmen einer Rezension. Wie dem auch sei - CHICKS ON SPEED stellen „Art Rules“ nicht nur auf der Musikbühne vor - wie zum Beispiel auf der c/o Pop in Köln genial geschehen - sondern gehen dahin, wo es drauf ankommt: ins MOMA und andere Kunst-Institutionen in Paris, Madrid, Tokyo und Kyoto. Wichtig könnte noch die Bemerkung sein, dass CHICKS ON SPEED sich nicht über Kunst an sich lustig machen, sondern über deren Vermarktung. Der Song selbst ist ein Trasho-Smasher erster Güte. Im CD-Begleitzettel ist von Euro-Trash die Rede – hmm ja, das kommt zum großen Teil hin, denn – oder jedoch – nach Ansichtssache – sind schon in den ersten Sekunden PET SHOP BOYS, JEAN MICHEL JARRE und Bobby-Orlando-Kuhglocken herauszuhören (wie... Bobby Orlando ist nicht gut? Natürlich ist der gut...=;o) Diese Referenzen dienen nicht nur dem Spaß, sondern auch einer et-was....hihihi...plakativen Subversivität und der Doppelcodierung. Somit bereitet die Scheibe dreifache Freude: eine richtig feine Erwachsenen-Überraschung. Ach so, eh ich es vor lauter Begeisterung vergesse: der Song ist in drei sehr verschiedenen Versionen auf der CD zu hören: 1. „Art Rules” 2. “Art Rules Rock Mix” und 3. “Art Rules Christopher Just´s Hard One“ – ein Mix von Christopher Just, der mit einem interessanten, kleinen Hörspiel beginnt, bei dem sich Kunstdealer bzw. –Vermarkter oder so über Geld und Prozente unterhalten. Super Scheibe, aber Andy Warhol werde ich trotzdem weiterhin auf ambivalente Weise lieben und interessant finden.
El_Nico
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