BAND: ADAM GREEN
ALBUM:

LABEL: Rough Trade/Beggars Group – VÖ 07.03.2008
*
Zuletzt aktualisiert am: 19. März 2008
ADAM GREEN galt in der deutschen Indieszene lange als der lebende Beweis für die These, dass der Prophet im eigenen Lande nichts gilt. In den USA weitgehend unbekannt, schlugen die beiden Alben des Mitbegründers der kauzigen Anti-Folker MOLDY PEACHES - ‚Friends of Mine’ und ‚Gemstones’ - in hiesigen Gefilden voll ein. GREENs Popularität, angefeuert durch die One-Woman-Hype-Maschine Sarah Kuttner und einen Auftritt bei Harald Schmidt, trieb zuweilen absurde Blüten, so z.B. als Suhrkamp die Texte des zum ‚neuen Bob Dylan’ verklärten Songwriters von Thomas Meinecke übersetzen ließ und als Buch herausbrachte. Besonders der letzte Move dürfte ihn selbst am meisten überrascht – und wahrscheinlich belustigt - haben. Denn GREENs Musik zeichnet sich ja gerade nicht durch eine irgendwie politisch verstehende Poesie, sondern vielmehr durch einen ausgeprägten Hang zum Gagaismus aus. Läge in diesem Missverständnis das Geheimnis seines Erfolges in Deutschland begründet, müsste sich ADAM GREEN um seine finanzielle Zukunft keine Sorgen machen, denn ‚Sixes & Sevens’ führt das bewährte Rezept mit leicht verändertem Sound fort. Tonnenweise Schwachsinnslyrik trifft wie gehabt auf gefälliges Akustikgeklimper, dieses Mal angereichert mit hie und da ein paar E-Gitarren, einem ausgewachsenen Soul-Chor und einigen schrägen Spoken-Word-Interventionen. Doch war ‚mehr vom Alten’ noch nie ein guter Leitfaden für aufregende Musik, verwandelt die Befolgung desselben ‚Sixes & Sevens’ in einen Bumerang. Dies ist schade, denn einige der Songs haben musikalisch durchaus Bestand. ‚Tropical Island’ flowt fluffig aus den Boxen, die Single ‚Morning After Midnight’ macht mit eklig-fetten Bläsersätzen einen auf 80er-ROLLING STONES und ‚Drowning Head First’, ein Duett mit Freundin Loribeth Capella (was für ein Name!), ist VELVET UNDERGROUNDS ‚If You Close the Door’ für die heutige Zeit. Der eigentliche Kracher der Platte ist allerdings ‚You Get so Lucky’: keine Ahnung, worum es geht, aber ausgerechnet Panflöten – die Höllengeißel westdeutscher Fußgängerzonen – in einen Song einzubauen (und das auch noch wirklich gut!), zeugt von Chuzpe und Stil. Letzterer regiert ‚Sixes & Sevens’ wie gewohnt mit harter Hand. Musikjournalisten und -connaisseure werden eine Heidenfreude am Zitatefinden haben: Elvis Presley, Burt Bacharach, Leonard Cohen – alles dabei, was heutzutage dabei sein muss. Und Indie-Pabst Stephen Malkmus mag die Platte auch. Was also gibt´s zu meckern? Das Problem ist, dass die Platte zu sehr um sich selbst kreist: Musik, die vor allem mit ihrer eigenen Cleverness beschäftigt ist, wird irgendwann langweilig. Im Fall von ‚Sixes & Sevens’ kommt die Schiere Masse an Songs verschärfend hinzu: 20 Stücke sind´s, die ständig zwischen Skizze und Hitsingle changieren – und irgendwann mag man nicht mehr folgen. Jenseits des Beliebigkeitsvorwurfs birgt der ‚Sixes & Sevens’-Bumerang überdies ein noch weitaus gefährlicheres Potenzial: er könnte das GREENsche Projekt als Solches umhauen. Wenn nämlich alles gaga ist, ist es irgendwann auch egal. Das wäre allerdings zu bedauern; denn gute Songs schreiben kann der Kerl ja eigentlich. ADAM GREEN INTERVIEWSTORY GEPLANT FÜR NÄCHSTE WAHRSCHAUER PRINT-AUSGABE #56 (Ende Mai 2008).
dvf
 Zurück