PETER TICHATZKY
Bunte DDR-Briefmarkenwelt - Buch

Eulenspiegel Verlag Berlin – VÖ: 15.02.2011
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Zuletzt aktualisiert am: 02. Juli 2011
Als der Mensch noch regelmäßig Liebesbriefe mit der Post verschickte, sich über Briefe aus Freundesland freute und gern bunte Karten aus Urlaubsorten erhielt, war das Briefmarken sammeln weit verbreitet. Als junger Bursche oder Mädchen freute man sich über die kleinen Bildchen mit den verschiedenen Wertaufdrucken, die eine Postsendung oben rechts schmückten. Mindestens ein Album mit eher wertlosen, aber schönen bunten, Briefmarken hatten viele DDR-Jugendliche zwischen den Abenteuerbüchern, an das Jugendweihebuch „Der Sozialismus deine Welt“ gelehnt, im unaufgeräumten Regal stehen. Aber mit der Zeit wurde vielen diese Leidenschaft langweilig, sie gaben sie wieder auf und spielten lieber Fußball oder gingen tanzen. Überzeugte besorgten sich eine Lupe, ein Abo bei der Post und entdeckten das Marken sammeln als Leidenschaft, traten gar einer Arbeitsgemeinschaft der Jungen Pioniere oder der Freien Deutschen Jugend bei. Außerdem wurden viele Briefe in Freundesland verschickt und die Antworten mit Sehnsucht erwartet, da sie neben Neuigkeiten aus der Sowjetunion, Kuba, Polen und Vietnam immer Postwertzeichen mit wunderbaren Motiven enthielten. Später jagte der Sammler Sonderausgaben nach, traf sich regelmäßig mit Gleichgesinnten in Vereinen oder schlenderte aufgeregt über Sammlerbörsen. In der DDR gab es immerhin 160 000 Menschen, die sich mehr oder weniger mit den kleinen gummierten Kunstwerken beschäftigten. Das Komikerpaar Herricht und Preil verarbeitete diese Leidenschaft sogar in einen Sketch, die neu zusammengestellte Liedzeile „Amsel, Drossel, Fink und Spatz / und der ganze Vogelsatz“ ist unvergessen und zieht immer noch die Lacher auf seine Seite. Wer in der DDR Briefmarken sammelte, kann bis heute viel berichten. Der 1929 geborene Bauingenieur und Wirtschaftswissenschaftler Dr. Peter Tichatzky war ein intensiver Sammler von DDR-Briefmarken, im Bund Philatelistischer Prüfer zu Gange, für das Sammelgebiet DDR verantwortlich und beteiligte sich aktiv an der Fälschungsbekämpfung. Auch DDR-Marken wurden gefälscht, besonders wenn Form und Inhalt bei der Gestaltung ungenügend waren, siehe die 20 Pfennig Briefmarke anlässlich des 40. Jahrestages der Novemberrevolution. Damit die DDR-Briefmarke nun die ihr gebührende Ehre bekommt, veröffentlichte Tichatzky ein schweres und wichtiges Buch: „Bunte DDR-Briefmarkenwelt“. Hier kann der eingefleischte Sammler, aber auch jeder, der mehr als nur das von der heutigen Presse und der Politik Vorgegebene über DDR-Geschichte erfahren möchte, zugreifen. Tichatzky weiß alles über die DDR-Briefmarke: Er stellt im Anhang die schönsten Marken vor, beschäftigt sich mit den peinlichsten Fehlgriffen, erläutert politische Botschaften und zeigt auf, welche Marken nie von einer Zunge bearbeitet wurden, da sie nie die Post der DDR erreichten und nie im Umlauf waren. Bei einigen Marken wird endlich geklärt, was an ihnen falsch war: So zeigen einmal die Scheibenwischer des Trabants bei Ruhestellung in die falsche Richtung, dann sind russische Worte falsch geschrieben oder beim Sonderstempel ist im Ausdruck ein „A“ zu viel. Lustige Sachen, die nur ein eingefleischter Sammler kannte. Wer wusste außerdem schon, dass die DDR den größten Briefmarkenblock der Welt heraus brachte, und zwar zu Ehren des 15. Jahrestages der Republik. Neben all den besonderen Dingen stellte der passionierte Philatelist Peter Tichatzky ein ABC der Philatelie zusammen, mit dem er vergnüglich und lesenswert die Grundbegriffe aus der Welt der Briefmarke erklärt. Wer nun das Buch durchgelesen und die vielen abgebildeten Briefmarken angeschaut hat, wird wehmütig an die eigene Kindheit zurück denken und noch einmal die alten Alben hervor suchen, denn die Märchenmarken oder den Satz mit den herrlichen Rosen hat man garantiert noch. Oder sogar die „Belege über die Zahlung des aufgedruckten Betrages“ mit den Motiven „Neue Meister“ aus der Kunstsammlung Dresden. Schade ist irgendwie, dass das Sammelgebiet DDR abgeschlossen ist, man hätte gerne noch weiter gesammelt.
ThoBe
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