GERRIT HOEKMAN
Pogo Punk & Politik

Unrast Verlag Münster – VÖ: 10 / 2011
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Zuletzt aktualisiert am: 20. November 2011
Der freie Journalist Gerrit Hoekman liefert mit „Punk, Pogo & Politik“ eine knappe, aber sehr gute Darstellung der Entwicklung und der Bedeutung der Politik für die Punksubkultur. Es ist nicht viel Neues oder Revolutionäres, aber dafür eine sehr fundierte Gesamtdarstellung des Themenkomplexes. Man merkt, dass sich Hoekman in der Szene auskennt, auch wenn er teilweise Texte von der Bundeszentrale für politische Bildung heranzieht, um seine Thesen zu stützen. Dabei geht er über die Darstellung des „Mainstreampunks“ hinaus und thematisiert sowohl die Punkszene in der DDR, im Baskenland und im Nahen Osten als auch die Strömungen wie die Queercore Szene. An manchen Stellen würde man sich auch mal eine weitere Vertiefung der Darstellung wünschen. Für Einsteiger und Interessierte an der Thematik ist das Buch sehr gut geeignet. Für alte Hasen bietet es vielleicht ein paar kleine Kritikpunkte oder Diskussionsstoff. Persönlich sind mir zwei Aspekte diskussionswürdig – so grenzt der Autor einmal Streetpunk von Oi!-Punk ab und stellt außerdem dem Mainstream folgend die SEX PISTOLS als vorwiegend unpolitische Punkband dar. Bezüglich des ersten Punktes sehe ich keine Differenz und würde darüber hinaus auch ergänzen, dass in Frankreich und Spanien der Begriff, anders als in der englischen und deutschen Szene, in der Öffentlichkeit nicht mit einer solchen negativen Assoziation des Rechtsradikalismus verbunden ist. So hat sich die anarchistische, spanische Streetpunkband OI! THE ARRASE (ehemalige Mitglieder spielen jetzt bei der Berliner Punkband FRONTKICK) ohne Schwierigkeit als Oi-Band bezeichnen. Bezüglich des zweiten Aspektes verweise ich nur darauf, dass die Debütsingle der SEX PISTOLS „Anarchy in the UK“ explizit Che Guevara und Buenaventura Durruti gewidmet war. Die erste Widmung mag aus dem Diskurs der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich wirken, die zweite jedoch schon, da Durruti außerhalb der anarchistischen Insiderkreise nicht so bekannt sein dürfte. Diese beiden Aspekte sind sicherlich szeneinterne Diskussionen, die an dem positiven Gesamteindruck der Broschüre nichts ändern. Hier liegt eine kompakte und kenntnisreiche Studie über das Verhältnis von Punkrock und Politik vor, die sowohl die Ebenen der Herrschaftskritik als auch von Genderfragen und Rassismus aufgreift.
Maurice Schuhmann
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