meraluna-2013-nightwish-bernd-zahn-47lFestivaltagebuch

10. und 11. August - 2 Tage, die Hildesheim mal wieder komplett auf den Kopf stellen sollten und dieser Stadt erneut eine eindeutige Farbe verliehen, nämlich Schwarz. Das M’era Luna Festival 2013 öffnete seine Tore und präsentierte auf dem Flughafengelände auf insgesamt zwei Bühnen unter anderen Bands wie HIM, ASP, NIGHTWISH, FRONT 242.

Tag 1:

Eines kann man wohl gleich zu Anfang sagen: Das M‘era Luna ist und bleibt das Festival mit den wohl bestgekleideten Besuchern überhaupt. Denn wo sonst gibt es Kleider, die man wohl das letzte Mal zu Zeiten der Halsabschneider zu sehen bekam? Natürlich nicht persönlich, versteht sich.

Natürlich gibt es hier nicht nur Kleider zu sehen, die Männer sollen ja schließlich auch nicht zu kurz kommen. Hierbei ist es wohl schlichtweg egal, ob zu Hose, Rock oder keinem von beiden gegriffen wird. Schräge Blicke bekommt sowieso keiner zugeworfen, eher welche der Begeisterung und Lob für das tolle Outfit, das wieder einmal speziell für diese Tage aus dem Schrank gekramt wurde. Nicht nur die Augen haben bei einigen Festivalbesuchern eine nicht mehr ganz natürliche Farberscheinung, auch die Kleidung der Cyber Gothic Gemeinde ist ein wahres Farbspiel.

Aber da es noch mehr gibt, als jeden einzelnen Festivalbesucher für sein Outfit zu bewundern und sich das Zelt nun mal nicht von alleine aufstellt, geht es wieder zurück Richtung Zeltplatz. Für den einen oder anderen stellt dies die Hölle auf Erden dar. Andere sehen es schlichtweg als Beginn eines zweitägigen Festivals, das noch einiges zu bieten haben sollte. Wenn das Zelt dann endlich so weit steht (zumindest bis zum ersten spätnächtlichen Sturz eines der - natürlich nur leicht angetrunkenen – Nachbarn) kann man sich auf den Weg zum ursprünglichen Ziel machen: Dem Festivalgelände, beziehungsweise allem, was so dazugehört.

Unter anderem der Mittelaltermarkt, bei dem man sich typischerweise um einige Jahre zurückversetzt fühlen sollte und nicht nur bei Speis und Trank die Seelen baumeln lassen kann.

Aber es handelt sich schließlich um ein Musikfestival. Besonders daran ist, dass sich einer der beiden Bühnen, die Hanger Stage, in einer kleinen Industriehalle befindet, wo am Samstag unter anderen EISENFUNK auf die Bühne traten und ihr Publikum beim Lied „Pong“ mit Bällen unterhielten.

Auf der Hauptbühne erwarteten die Besucher am Samstag nicht nur zwei der Main Acts, wie ASP und HIM, sondern auch SALTATIOMORTIS, die ihr Lied „Wachstum über alles“ spielten und nochmals deutlich machten, das dies definitiv kein Lied für die braune Masse sei.

Am Abend spielten dann auch, wie erwartet ASP, die mit einer Ankündigung, nein, einem Versprechen auf die Bühne traten, dass das Publikum im Schnee tanzen wird und sie Feuer fangen werden. Das klang doch mal nach was. Schnee wünschte sich an diesem warmen Tag wohl jeder.

Abgelöst wurde ASP dann von HIM, die als letzte Band des Tages auf die Bühne ging und nicht nur mit Klassikern zu überzeugen wusste.

Damit war der „offizielle“ musikalische Part dieses Tages erledigt, was für so manchen Festivalbesucher natürlich kein Grund war, sich sofort ins Bett zu legen und auf die erste Band des nächsten Tages zu warten...

Tag 2:

Ermüdungserscheinung vom ersten Festivaltag? Katerstimmung vom Abend zuvor? Das musste alles noch einen Tag warten. Immerhin wurde an diesem Sonntagmorgen bereits früh die Aufmerksamkeit von so manchem Besucher benötigt, der Lesung von Kai Meyer und der musikalischen Unterstützung von ASP lauschte. Jetzt denkt man wahrscheinlich erst mal: Eine Lesung auf einem Festival? Wie das? Kai Meyer beschrieb es zum Ende der Veranstaltung selbst als ein geglücktes Experiment, nachdem er Ausschnitte aus seinen Büchern vorgestellt hatte, die unter anderem dem ASP-Sänger zu Liedern des neuen Albums inspirierten.

Einzig, die leichte Überschneidung zu COPPELLIUS, die zeitgleich auf der Main Stage bereits in ihrem perfekten Sonntag-Abend-Opern-Outfit spielen sollten, war ein wenig unglücklich getroffen, aber dessen war sich wohl auch Kai Meyer bewusst, der vielleicht gerade aus diesem Grund die Lesung etwas früher als verabredet beendete?

Wie dem auch sei. COPPELLIUS überzeugten das Publikum mit ihrer herrlichen verrückten Art und einem gelungenen Auftritt.

Danach ging es für viele erst mal Richtung Zeltplatz, wo entweder verzweifelt oder auch gelungen gegrillt wurde oder Geld, aus dem Sparsocken entwendet wurde (sei es, um sich das Grillen zu ersparen oder um den Kleiderschrank mit weiteren Kleidern, die Zähne durch die eines Vampires zu ersetzen oder seinem Kopf Hörner aufzusetzen).

Außerdem hatten die Besucher die Möglichkeit, wie auch schon bereits Samstag, an den Autogrammstunden von beispielsweise UNZUCHT, COPPELIUS, FRONT 242 oder NIGHTWISH teilzunehmen. Jedoch bedarf dieses viel Geduld, da sich die Schlangen hierfür teils einmal über den gesamten Platz erstreckten.

Vor den Auftritten von FRONT 242 und NIGHTWISH konnte man dann auch schon die ersten Abbauarbeiten der Besucher sichten, die teils verzweifelt versuchten, das viel zu große Zelt wieder in die viel zu kleine Tasche zu quetschen. Aber auch dieser Kraftakt musste irgendwann ein Ende finden. Immerhin wurden sie danach mit den letzten Auftritten, nicht nur dieses Tages, sondern auch des Festivals beglückt.

NIGHTWISH ging mit neuer Sängerin somit als letzte Band des Abends auf die Bühne und spielte ähnlich wie schon HIM eine gute Mischung aus neu und alt. Und auch die Neue im Bunde schien sich mittlerweile an ihre neuen Kollegen und das Publikum gewöhnt zu haben, wenn man an einen anderen Auftritt von vor einer Woche denkt, bei dem sie noch sehr unsicher und nervös schien.

Im Großen und Ganzen ist das M’era Luna Festival wirklich einen Besuch wert, da das Hauptaugenmerk nicht nur auf der Musik liegt, sonder vielmehr darauf, eine Möglichkeit zu haben unter Menschen zu sein, die dieselben Interessen teilen und für das, was man tut und wie man sich kleidet, bewundert zu werden.

Foto: Bernd Zahn