LABEL: Enfant Terrible/Cargo-Records - VÖ 15.10.2010 |
---|
Zuletzt aktualisiert am: 18. September 2010
In den frühen 80ern gab es eine Menge Bands und Bandprojekte, die interessante experimentelle Elektronische Musik machten, bevor in den 90ern Techno und dessen Kommerzialisierungsauswüchse dieses Pflänzchen zerstörten. Acts wie CABARET VOLTAIRE, SUICIDE, FAD GADGET oder die deutschsprachigen DAF arbeiteten mit düsteren und aggressiven Sounds, die das Etikett Industrial oder EBM (Electronic Body Music) bekamen und die eine Art Postpunk auf elektronisch darstellten. Rhythmisch wie stimmungsmäßig waren sie mit gitarrendominierten Postpunk-Bands wie JOY DIVISION oder KILLING JOKE verwandt. Die Genres inspirierten sich auch durchaus wechselseitig. So verwendeten KILLING JOKE beispielsweise bereits auf ihrem 1980er Debut Samples von DDR-Radionachrichten.
Auf die musikalische Tradition der elektronischen Musik dieser Dekade beziehen sich AGENT SIDE GRINDER und mischen frühe Industrial und EBM-Sounds, mit Postpunk-Elementen und 80ies Synthiesound. Für ältere Semester ist das Ergebnis auf „Irish Recording Tape“, dem zweiten Album der Band, wie eine Zeitreise. Der Opener „Pulse“ erinnert mich mit seinem Monoton-abgehackten Basslauf, Sprechgesang und schrägen Industrial-Sounds an die ersten groben Alben von MINISTRY - nach ihren eher poppigen Anfangstagen. „Die To Live“ ist ein treibendes E-Punk Stück mit Vocals, die wie eine Mischung aus Ian Curtis’ (JOY DIVISION) Organ und Pete Doherty klingen. Stoische Sequenzer-Rhythmen auf „The Screams“ oder „Eye Of The Old“ wecken Assoziationen zu DAF. Und so geht das direkt weiter. Viele Bands dieser Dekade schleichen sich beim hören von „Irish Recording“ Tape in den Sinn. FAG GADGET und die frühen HUMAN LEAGUE bei „Blue Streaks“, NEW ORDER und die ersten Alben von DEPECHE MODE bei „Life In Advance“, oder SUICIDE bei „Black Vein“. Nichts sensationell neues, aber spannend für die nicht mehr ganz so Jungen, die mit „Irish Recording Tape“ eine kleine akustische Zeitreise unternehmen können, ohne die Sammlung von Alben alter Helden durchforsten zu müssen. Und insbesondere auch für Jüngere, die die Indie-Elektro-Mucke der frühen 80er gerade erst für sich entdecken.
TIPP: Track & Interviewstory im kommenden WAHRSCHAUER #59.
Jo Neujahr
|