LABEL: Hazelwood Vinyl Plastics/Indigo |
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Zuletzt aktualisiert am: 01. November 2007
Der Mann, der sich vor ca. 6 Jahren mit einem Maschinenge-wehr in der Fußgängerzone von Amsterdam verschanzt hatte und dort von einem Sondereinsatzkommando der niederländi-schen Polizei überwältigt wurde, ist kein Unbekannter: Patrik Tilon, musikalischer Utopist, politischer Visionär, Gründer der Band URBAN DANCE SQUAD, im Studio ein Tüftler, live ein Inferno, ein Freund klarer Worte und -hier wird’s für uns span-nend- Erfinder des Crossover. Tom Morello von RAGE AGAINST THE MACHINE, Zak Tell von CLAWFINGER sowie die Jungs von THERAPY? geben freimütig zu, dass es ihre Bands bzw. Musik ohne den Mann mit der Physis eines Büffel-fängers (Okay, sowas gibt’s nicht. Aber stellt Euch mal einen Typen vor, der mit bloßer Hand jene Tiere fängt oder fangen könnte.) nie gegeben hätte. Die einzigartige Idee, vermeintlich unvereinbare Musikstile wie Hip Hop, Ska, Hardcore und Funk zu einem neuen Klangkonglomerat zu verschmelzen, schlug 1989 mit dem Album „Mental Floss for the Globe“ wie eine Bombe ein; der unerwartete Erfolg und das große Interesse seitens der Medien ließen zu Zeiten düsterer Grungetöne einerseits zartes Neohippiegesäusel, andererseits Hoffnung auf eine endlich einsetzende Verständigung zwischen den einzelnen Gruppen ethnischer Schmelztigel wie der BRD berechtigt erscheinen. Tja, das ist eine Weile her und Herrn Tilons neues Album „Older Now“ lässt eine musikalische Weiterentwicklung des farbigen MC aus dem schönen Ams-terdam erkennen: der ehemals dominante Hip Hop-Einfluss ist einem sehr angenehmen Mix aus Wave-, Post Punk- und Acid-Rock gewichen. Statt hüpfender Off-Beats gibt’s neuer-dings beatinspirierte Noiserock-Hymnen, die ihre Vorbilder sowohl in den 1960er Jahren (z.B. bei den SONICS) als auch in der Musik unserer Tage (z.B. INTERNATIONAL NOISE CONSPIRACY) finden. Nach 5 Jahren Sendepause meldet sich nun ein Mann zurück, um den Stümpern und Unfähigen von heute zu zeigen, was mit Begriffen wie „Indie“ und „Alter-native“ wirklich gemeint ist. Wir sollten ihm dabei zuhören, denn er hat verdammt noch mal was Wichtiges zu sagen- nicht nur musikalisch. Ach so, und wegen der Sache mit dem MG in der Fußgängerzone: Damals beschritt Rude Boy Tilon einen ungewöhnlichen und kreativen Weg, seinen Landsleu-ten die Bedeutung der täglichen Horrormeldungen in den Nachrichten aus dem nahen Osten und anderen Krisenherden plastisch vor Augen zu führen. Patriks Maschinengewehr war natürlich nicht geladen- trotzdem musste er nach der Fest-nahme mit einem komplizierten Armbruch in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Man kann über die Niederlande sagen was man will- auf Ihre Polizei ist jedenfalls Verlass.
johnniecolt
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