Rockabilly, ein nahezu vergessenes Musikgenre, das höchstens für Oldienächte und 50ies-Retro Specials taugte, wurde Anfang der 80er Jahre mit der Entstehung der Lon-doner Psychobilly-Szene dem Vergessen entrissen. Psy-chobilly erneuerte die ursprüngliche ungezügelte Wildheit zeitgemäß mit und unter dem Eindruck der Energie des eben erlebten ersten Punk-Booms. Das Ganze atmete aber trotz klassischer Versatzstücke den Geist der 80er Jahre und wirkte in seiner maßlosen Übertreibung zunächst ein-mal wie eine Parodie auf ein Stück amerikanischer Kultur-geschichte. Was aber machen Amerikaner aus diesem uramerikanischen Musikerbe heute? Auch HEAVY TRASH, das letzte Projekt von Jon Spencer und Matt Verta-Ray, verhehlen eine parodistische Distanzierung nicht. Einzelne Lieder eifern Standards und Künstlern so penetrant am Rande der Scharlatanerie nach, dass Zufall ausgeschlos-sen werden kann. Dabei werden Rockabilly, Blues, Country und (schwarzer) Rock'n'Roll hier mit instrumentalen Mitteln so stark verfremdet, dass der Zuhörer sich zuweilen des Eindruckes nicht erwehren kann, klassischen Platten der Periode unter Drogeneinfluss zu lauschen. Die musikali-schen Mittel der Verfremdung sind bei HEAVY TRASH dank Verta-Rays Aufnahmetechnik jedoch bedeutend subtiler eingesetzt als bei der JON SPENCER BLUES EXPLOSION, die den Urban Electric Blues allein mit ungekannter Verzer-rung übersteigerten. Und das macht die 13 Lieder der "Going Way Out With Heavy Trash" gleichzeitig klassisch und modern.

Kassandra Rockabella