Staub und Kippendunst liegen in der Luft, der Geist der Wüste nistet sich ein. Nevadas Sand in Augen und Ohren. Ein letzter tiefer Atemzug. Es ist Zeit, die Saiten zum Schwingen, die Trommeln zum Beben und die Stimmbänder zum Krächzen zu bringen, um sich den Dreck von der Seele zu schütteln. Ein ebenso raues wie gelassenes Riff eröffnet den musikalischen Sandsturm, durch den nur die kräftigen, weiblichen Vocals zu brechen vermögen. Furztrocken, fast arschruhig rumpelt der Titel durch die Headphones. Das kann nur gut werden. „The Wilderness“ reißt mit seiner Orgel im Hammond-Sound auch den letzten Trinker vom Tresen hinein in die Saloon-Schlägerei. Heutzutage heißt das „Pogo tanzen" oder auch „moshen". Bilder werden wach, das Kopfkino spielt einen vierminütigen Blockbuster. Der Song „The Faith“ lässt einen tatsächlich glauben - woran, wird jedoch dem Lauscher überlassen. Die fast choralen Gesänge im Refrain erwecken ein ungreifbares Gefühl, das man nicht wieder gehen lassen mag. Wieder und wieder will man sich in ihm suhlen - es hilft nur heavy rotation. Musikalisch wertvoll geht es weiter, „Gold Suns, White Guns“ greift sogar auf ein Cello zurück, das in tollem Kontrast zur Kopfstimme der Frontsau passt. Nahezu episch und himmlisch fängt das Quartett in diesem Track die Geister der Wüste ein. Es ist zwar nur ein kurzer Abriss gewesen, doch so oder so ähnlich fühlt sich dieses Album an, was aber nicht verwunderlich ist: HOWLING BELLS schrieben diese famosen zwölf Songs auf Tour durch die gottverlassensten Areale nahe der Westküste der USA. Man spürt einfach, dass es sich um Aufnahmen handelt, die von Erfahrungen zeugen. Es sind Blüten, die nur mit purem Leben als Nährboden blühen. Und sie duften vorzüglich. Man kann unheimlich gut die Gefühle nachvollziehen, die die Musiker während ihrer Reise verspürten. Diese Nähe wirkt, sie brennt wie eine Lunte. Bis auch du schließlich explodierst. Die LP wächst mit jedem Titel und erneutem Hören - zuerst scheint sie sich vorsichtig an die Erwartungen des mutigen Cowboys heranzutasten, nur um anschließend immer wieder überraschen zu können.

pd