LABEL: Sunny Bastards Recordings - VÖ: 02.09.2011 |
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Zuletzt aktualisiert am: 12. Oktober 2011
In meinen Augen haben TOXPACK aus Berlin mit „Epidemie“ ihr bestes Album veröffentlicht - ausgereift, mit Tiefgang und einer Produktion, die dem Streetcore würdig ist. Nun legen sie mit „Bastarde von Morgen“ nach. Da die Messlatte hoch liegt, ist es sehr spannend, ob die Musiker es schaffen, sich nochmals zu übertreffen oder ob es doch eine zu große Herausforderung war.
Das Albumcover ist schon mal provokanter und düsterer als das vom Vorgängeralbum: eine fette Kanalratte nährt fünf Kinder mit ihrer Milch. Ist das eklig? Pervers? Anwidernd? Ja, vielleicht. Aber man kann das Bild auch in einem Bezug zum Titel sehen und sich dann fragen: wer wird uns Menschen - neben der Kakerlake und der Kellerassel - überleben? Eben, die Ratte! Ein extrem anpassungsfähiges und intelligentes Tier. Der Untergrund nährt die Bastarde von Morgen.
Gehen wir einen Schritt weiter und nehmen die CD aus dem schön gemachten Digipack heraus. Dabei wird man von den zehn Augen der Bandmitglieder angeschaut. Es fällt auf, dass die Jungs älter geworden sind. Vielleicht haben sie auch vor dem Fotoshooting wenig gepennt, aber frisch sieht anders aus.
Nach einem kurzen, an die letzten beiden BROILERS-Scheiben erinnernden Intro geht es mit „Zehn“ ordentlich los. Es ist ein Song auf die letzten zehn Jahre, seit denen die Fünf ihr Unwesen schon treiben - ordentlich, solide, nicht überraschend aber o.k. und mit der Qualität, die man von den Berliners erwartet. Nur die letzte Zeile des Refrains ist… nun ja… etwas pathetisch. Das zweite Stück „An all die Dämonen“ kann in vielerlei Richtungen verstanden werden, wodurch er anspruchsvoll ist und Tiefgang hat. Er versprüht Kraft, wenn man vielleicht am Zweifeln ist. Einer der besten Tracks ist der Titelsong „Bastarde von Morgen“. Das Video mit sehr guter Kamera - und Schnittarbeit passt perfekt zum melodiösen, eingängigen Stück, das alles hat wofür TOXPACK steht. Zeilen wie: ‚… denn statt Normen und Grenzen können wir die Freiheit sehen. Wir würden euch nie belehren, wir sind nicht wie Ihr.‘ zeigen, dass die Band anders ist und sich mit beiden Füßen fest auf den Boden stellt, um nicht mit der Masse mitgerissen zu werden. Ein eigener Kopf war noch nie von Nachteil. Auch hier also wieder ein tiefschürfende Text, der in „Das Problem sind wir selbst“ gipfelt. Ein Song, den ich von manchen vermeintlich politischen Punkbands erwartet hätte, aber nicht unbedingt von der Streetcore-Band TOXPACK. Sehr kritisch gegenüber der Menschheit und dem System. Da muss ich meinen Hut ziehen: das ist klasse, Jungs!
Natürlich werden die Kritiker auch bei diesem Album genug finden, um die Band in die Grauzone zu drücken. Es gibt auf dieser Scheibe auch die „alte BÖHSE ONKELZ-Attitüde“, die viele Hörer anmacht. Es ist dieses „Keiner versteht mich. Ich bin alleine gegen die böse Welt da draußen“-Ding. Aber TOXPACK ist mittlerweile mehr. Sie haben mehr feste Standpunkte und sie können sich besser erklären.
Was bei „Epidemie“ von der Band schon angeschnitten wurde, führt der Fünfer hier konsequent weiter. Kritische, nachdenkliche Texte in harter Rockmusik verpackt - eben in Streetcore. Für wen BROILERS zu seicht und verkopft sind, der sollte sich TOXPACK reinziehen.
„Bastarde von Morgen“ ist ihr wohl bestes Album…
Frank
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