BAND: BRIAN WILSON
ALBUM:

LABEL: Capitol / EMI
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Zuletzt aktualisiert am: 30. März 2012
Mit einem Schwung neuer Alben taucht plötzlich, allerdings nur ganz klein angepriesen, ein Werk aus dem musikalischen Zauberwald auf. Das 1967 immer wieder angekündigte und dann doch vom genialen Wirrkopf Brian Wilson in den ganz persönlichen Giftschrank gesperrte „Smile“ liegt nun ganz unschuldig zum Kauf bereit. Gäbe es nicht die über die Jahre immer blumiger werdenden Gerüchte, Lobpreisungen und all die fröhlichen 1960er Jahre Songs der BEACH BOYS, ja um diese amerikanische Band geht es, man würde das Album mit dem großen Schwung Neuerscheinungen in der gelben Tonne versenken. Nun hält man „Smile“ also in den Händen und beginnt zu träumen. Zunächst als CARL & THE PASSIONS gegründet, wollte der Vater, Maschinengroßhändler und Gelegenheitskomponist Murry Wilson seine Söhne, deren Vetter und Schulfreunde unbedingt in den Hitparaden ganz oben sehen. Mit der ersten Single „Surfin' Safari“ gelang das sehr leicht. Die Vermarktungsmaschinerie setzte sich in Bewegung, denn Lieder über das kalifornische Strandleben wurden gebraucht und lenkten so schön von Krieg und konservativen Eltern ab. Die Kids ergötzten sich am Slang und den Wortspielen der Sonnenanbeter, Surfer und Geschwindigkeitsfanatiker. „Surfin' USA“, „Fun Fun Fun“, „Dance, Dance, Dance“ und „California Girls“ lassen heute noch das hoch verschuldete und durch den Terminator fast zerstörte Kalifornien in einem falschen Licht erscheinen. Viele an der Armutsgrenze lebende und zum Betteln gezwungene Einwohner würden allerdings ganz andere Lieder über das Land an der amerikanischen Westküste schreiben und diese laut hinaus brüllen. Der Hauptakteur der BEACH BOYS, der mit gleißendem Licht und Wellen schlagendem Wasser nie etwas anfangen konnte und sich in einer Klammer am Klavier am wohlsten fühlte, schrieb trotzdem diese Hits und hielt noch lange den Mythos von der Sommersonnen-Jugend am Leben. Brain steckte voller Talent und wurde immer wieder von seinem, mittlerweile als Plattenproduzent agierenden, Vater mit weniger freundlichen Taten und schlagenden Beweisen zu Höchstleistungen gezwungen. 1964 war es dann für den auf einem Ohr tauben Künstler auch schon wieder vorbei: Nach drei Nervenzusammenbrüchen schied er als aktives Mitglied aus und arbeitete „nur“ noch als Komponist, Arrangeur und Produzent. Hier konnte sich Wilson endlich frei entfalten und ein ganz neues Liedgut unter die Leute bringen. Er entwickelte im Alleingang „Pet Sounds“, ein Werk, das die Rockmusik revolutionierte, von der Plattenfirma Capitol allerdings nur widerwillig veröffentlicht wurde und als meisterlicher Flop in die Geschichte einging. Hier liefen die BEACH BOYS nicht grienend und nur mit einer Badehose bekleidet über den weißen Strand, vielmehr standen sie im Streichelzoo und irritierten damit Fans und wohl auch Tiere gleichermaßen. Die Musiker schufen einen komplexen Sound, wie es parallel die BEATLES mit „Revolver“ versuchten. Im Gegensatz zu den Liverpooler Jungs verarbeiteten die BEACH BOYS nur wenige Fremdklänge, holten sich lieber Anregung in der klassischen Musik und beim Rhythm & Blues aus Memphis und Detroit. Doch Amerika war irritiert über diese neue Art der Musik, die einfach zu früh da war und noch nicht in der langsam aufkommenden Flower-Power-Bewegung integriert werden konnte. Trotz dieses Rückschlages wollte Brain Wilson das absolute Werk schaffen, dabei nicht mehr an ganzen Songs arbeiten, sondern an einzelnen Sektionen, die irgendwann zu einem Ganzen zusammen gefügt werden sollten. Mit ins Studio nahm Wilson einen Meister des Wortes, einen „Baumeister der Lyrik“, wie er auf einer späteren Pressekonferenz leise verriet, Mister Van Dyke Parks. Da saßen also zwei Geniale der Popmusik zusammen und verarbeiteten das freie Amerika in einem ungewöhnlichen Album. Nichts wurde ausgelassen, weder die gigantische Landschaft, noch die oft unrühmliche Geschichte. Erzählt wird über Indianer, Helden, Gangster, die Schöpfung, die Liebe, über die vier Elemente und über „Good Vibrations“. Man hört sie endlich, die großen Songs, die die populäre Musik verändern sollten, allerdings zu früh erscheinen und schließlich in einem Tresor oder in Brians Schreibtisch verschwanden. Vor allem Wilsons manisch-depressive Art, sein aus dem Ruder laufendes Leben - mal ernährte er sich vegan, dann wieder mit Fast Food, blieb schließlich wochenlang im Bett oder entwickelte Platten, die nie erschienen - ließ ein fertiges Album, mit Pressekonferenzen und anschließender Welttournee nicht zu. Dann war da auch noch der windige Therapeut Eugene Landy, der Brian Wilson unter Psychodrogen setzte und ihn gar entmündigte. Jahrelange psychologische Behandlungen schlossen sich an. Ab diesem Zeitpunkt irrten und wirrten die abenteuerlichsten Gerüchte durch die Musikwelt: Van Dyke Parks und Wilson ließen sich angeblich nicht nur LSD ins Studio bringen, sondern auch Sand, in dem sie ihre Füße steckten, um Strandatmosphäre zu suggerieren. Auch soll Paul McCartney auf einem Stück zu hören sein, wie er herzhaft in eine Sellerie beißt. Gar das Orchester wurde in den Pool geschickt und die Studiomusiker mit Feuerwehrhelmen bestückt, um die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde authentisch darstellen zu können. Da einige fertige Songs auf anderen Alben zu hören waren, machten sich die Fans ihr eigenes Bild: Viele Anhänger der Surf-Musikzeit wendeten sich allerdings ab und Progressive Rock-Fans faselten etwas von Doris Day auf Wellenbrettern, wie Sänger und Baßgitarrist Bruce Johnston einmal berichtete. Vor allem sollte das 1967er Werk der BEATLES, „Sgt. Pepper“, das Duo Van Dyke Parks und Wilson eingeschüchtert haben, was man aber beim Durchhören der fertigen Songs („Heroes And Villains“, „Cabin Essence“, „Wonderful, „Good Vibrations“) und des wohl ungewöhnlichen, aber unfertigen, „Holiday“ besser wissen muss. Während einiger weniger öffentlicher Auftritte erklärt Brian Wilson, der 2004 „Smile“ bereits als Neueinspielung veröffentlichte, dass die Welt bereit ist sein „Smile“ zu hören und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Diese 'A teenage symphony to God' (B.Wilson) gibt es als Sonderedition mit fünf CDs, einer Doppel-LP, zwei Vinyl-Singles mit Original-Artwork von Frank Holmes, als 2CD und Doppelvinylalbum. Trotz ständiger personeller Änderungen tourten die BEACH BOYS in den 1980er und 1990er Jahren als prima Strandjungen durch die Welt. Auch der (manchmal sogar auf der Bühne ausgetragene) Hass zwischen Dennis Wilson und Mike Love ließ keine Auflösung zu. Auf dem Höhepunkt des Streites ertrank schließlich der durch Drogen und Alkohol derangierte Dennis Wilson, der als guter Schwimmer und Surfer galt, bei einem Tauchversuch am 28.12.1983. Mit ihm ging die Sympathie für den Massenmörder Charles Manson. Nachdem Carl Wilson 1998 an Krebs verstarb, dachten viele, dass es sich nun mit den BEACH BOYS erledigt hätte. Doch Mike Love rekrutierte zwei Mitläufer (Bruce Johnston, David Marks) aus alten Tagen und tourt unter dem alten Markennamen durch die Lande und Al Jardine spielt die Musik mit seinen Söhnen und den Töchtern Brian Wilsons unter dem Namen BEACH BOYS FAMILY & FRIENDS. So lange noch einige alte Knaben auf der Bühne stehen und den Sound des 'endless summer' zelebrieren, ist es schnurz, wer diesen spielt. Lassen wir auf uns die Wiederveröffentlichung „Smile“ wirken, aber nicht einfach so, sondern zwischen Kerzen, Weingläsern, Dunkelheit und wärmenden Decken. Zuvor kurz in die „Sgt. Peppers“ reinhören und danach sich lieben oder über den Sinn des Lebens flüstern.
ThoBe
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