BAND: ELEMENT OF CRIME
ALBUM:

LABEL: Polydor / Universal - VÖ: 18. 09. 2009
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Zuletzt aktualisiert am: 06. November 2009
24 Jahre, zwölf Studioalben. Der einzige wirkliche Bruch der Bandgeschichte datiert aus dem Jahr 1991. Es war der Wechsel von englischen zu deutschen Texten. Personalwechsel hinter den Trommeln bzw. am Bass waren musikalisch kaum zu spüren. Bemerkenswerte Beständigkeit. ELEMENT OF CRIME sind eben ELEMENT OF CRIME, so sagt's die Presseinfo zur neuen Platte ,Immer da wo du bist bin ich nie', und ganz verkehrt ist das ja nun auch nicht. Jedes neue ELEMENT OF CRIME-Album klingt ganz und gar nach ELEMENT OF CRIME. ELEMENT OF CRIME meint immer Folkrock mit Chanson-Elementen oder umgekehrt, traurige Trompeten mit lakonischen Gitarren, manchmal auch andersrum. Und natürlich die Texte, ja die Texte. Was soll man groß dazu sagen? ELEMENT OF CRIME eben: Hintergründige Wortspiele und bodenständiger Pathos als Prinzip, die Themen schwanken. Zwischen Erleuchtungen im Vollrausch, neurotischen Wahrheiten und romantischen Hasstiraden. ELEMENT OF CRIME eben, is ja klar... Aber wenn's ganz so einfach wäre, könnte man das neue Album mit dem sperrigen Titel eigentlich genauso ignorieren, wie jede neue ROLLING STONES-Tournee. Man weiß ja, was passieren wird. Tut man aber nicht, und daran tut man gut. Denn bei aller Konstanz kann man doch ein paar Eigentümlichkeiten auf „Immer da wo du bist bin ich nie“ heraushören. Musikalisch kann man von einem Trend zur wohltemperierten Verzerrung sprechen, zumindest im Vergleich zu den beiden Vorgängeralben. Der Folkrock gewinnt dieses Mal die Überhand über das Chanson. Mehr Dylan, weniger Brel. Folkrock – in der Schublade schmeckt es ja immer ein wenig muffig, nach kalt gewordenem Räucherstäbchenrauch und feuchtem Friedensbewegungsnorwegerpulli. Der Folkrock ELEMENT OF CRIMEs aus dem Jahr 2009 spielt aber weder auf staubigen amerikanischen Landstraßen noch fragt er nach der Zahl der noch zu fliegenden Sprenggeschosse. Die existenziellen Fragen werden heute auf dem bundesdeutschen Spielplatz verhandelt und wie folgt formuliert: „Wie viele Erdbeereise muss der Mensch noch essen / bevor er endlich einmal sagt: ,Ich bin dafür / die böse Tat des Beinestell'ns zu unterlassen / und darf ich irgendwann nochmal zurück zu Dir?´“ Kleine Dramen und Skurillitäten bestimmen das Gros der Lebenszeit und aus denen ist denn auch der lyrische Kosmos auf ,Immer da wo du bist bin ich nie' gebaut. So ist die Welt nun mal eine, in der die Wahl zur Spargelkönigin ein zentrales Ereignis der Jugend und die Teletubby-Familie eine legitime Metapher für paradiesische Harmoniezustände ist. Überhaupt: Wer einen Kinderchor in ein Lied einbauen kann, ohne dass die Hörer das kalte Grausen packt, hat sowieso alles richtig gemacht. Punkt. Und so bleibt's dabei: ELEMENT OF CRIME waren, sind und bleiben ELEMENT OF CRIME. Und doch, eine Sache lässt den extrem geneigten Rezensenten stutzig werden. Äußern sich die Elements, die sich immer betont apolitisch gaben, nun plötzlich zur schnöden Tagespolitik, zur ausgelutschten Krise gar? Zumindest könnte man das, was sie in ,Kaffee und Karin' verkünden, durchaus als einen Lösungsansatz zur kniffligen Frage nach Strategien zum richtigen Leben im Falschen verstehen. In einer Form natürlich, wie sie so nur von ihnen kommen kann. Ganz ELEMENT OF CRIME eben: „Dass das Bier in meiner Hand alkoholfrei ist / ist Teil einer Demonstration/ gegen die Dramatisierung / meiner Lebenssituation / Doch andererseits sagt man, das Schweinesystem / sei auf nüchterne Lohnsklaven scharf / darum steht da auch noch ein Whisky / weil man dem niemals nachgeben darf.“ TIPP: Fette Interviewstrory mit großem Exklusivfoto im kommenden WAHRSCHAUER #58.
GeiJ
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