LABEL: Twisted Chords - VÖ 16.04.10 |
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Zuletzt aktualisiert am: 27. Mai 2010
MDC oder auch MILLIONS OF DEAD COPS genannt, sind nicht nur, aber hauptsächlich unter diesem Namen seit 1979 unterwegs. Zwischendurch hießen sie unter Anderem auch MULTI DEATH CORPORATION oder MILLIONS OF DEAD CHRISTIANS. Da sie sehr schnellen, hektischen, äußerst politischen Punk (mit Hardcore-Anteilen) spielen, wurden und werden sie häufig mit den DEAD KENNEDYS verglichen, auch was die Relevanz seit den frühen Tagen ihres Bestehens angeht. Den Bekanntheitsgrad der KENNEDYS haben sie zwar nie erreicht, sehr wohl aber einen ähnlichen Kultstatus, zumal sie ähnliche links- bis linksradikal bzw. anarchistische Themen aufgriffen: Kritik von rechtslastiger Politik, Staat, Polizei und Kapitalismus sowie dem Thematisieren von Vegetarismus und Homophobie. Das Ganze liest sich natürlich wie ein Rollenmodell zu Punk und HC, was es auch ist, allerdings waren diese Themen Ende der Siebziger noch nicht so abgegrast bzw. allgegenwärtig wie heute. Denn Vegetarier und Schwule wurden noch wirklich als Außenseiter wahrgenommen und auch in der HC- und Punkszene war dies ein Thema, da etliche Band dieser Stilrichtung mehr oder weniger offen über Schwule herzogen. Es war somit nicht wie heute, wo Homophobie in der alternativen Szene nicht mehr geduldet wird und Leute theoretisch wie hoffentlich auch praktisch aus den Läden rausfliegen, wenn sie sich in Bezug auf dieses Thema daneben benehmen. Es wäre interessant zu wissen, ob heute so viele Leute aus der Szene sich mit dem Thema Vegan / Vegetarier beschäftigen, weil es die Vorreiter aus den Siebzigern gab, die entweder gleich Straight Edge waren oder aber das Essen und Tragen von Tieren aufs Korn genommen hatten und den Weg für den heutigen Bewußtseins-Stand (mit) geebnet haben.
Mit DEAD KENNEDYS waren MDC übrigens Anfang der Achtziger (nach der ziemlich bekannten U.S.-Tour „Rock against Reagan“) in Europa unterwegs, was ihren Bekanntheitsgrad in hiesigen Ländern deutlich erhöhte. Die Band existierte bis 1994 und brachte Anfang der Neunziger nach einigen Mitgliederwechseln ein Album (nämlich eins der hier besprochenen) raus, auf dem ein gewisser Herr namens Matt Freemann mitwirkte (na, klingelt es? Genau, der von RANCID!) Für gut 5 Jahre war die Band tot, doch im Jahr 2000 wurde sie wiederbelebt von Sänger Dave Dictor. Er scharte neue Mitstreiter um sich und seit dem 2004er Album ist die Band sehr häufig auf Tour und war zu der Zeit auch in der Berliner Köpi zu Gast.
Über Twisted Chords gibt es jetzt zwei klassische Alben von MDC, die beim gleichen Label vor ein paar Jahren auch schon als Vinyl-LPs rauskamen. „Millions of dead cops“ aus dem Jahr 1982 kommt mit einem dicken Booklet und elf Zusatz-Tracks von drei Singles. Der bekannteste Track dürfte „John Wayne was a nazi“ sein, meine Lieblingssongs sind – nicht zuletzt aufgrund der Texte „America´s so straight“ und „My family is a little weird“. Die Scheibe ist dem ehemaligen Bandmitglied Mikey gewidmet, der im Jahr 2007 gestorben ist, während er schlief. Nach wie vor knallt das Album ohne Ende. Ein ganz kleines bisschen ruhiger (teilweise!) aber ebenso energiegeladen kommt das 1991er-Werk „Hey cop if I had a face like you“ daher. Auch hier sind alle Texte im Booklet vorhanden, allerdings gibt es keine Bonus-Tracks. Die Texte behandeln ähnliche Themen, sind aber ein bisschen länger und komplexer geworden und haben vor allem – ein wichtiges Markenzeichen von MDC – häufig einen kantigen, sehr eigenen Humor.
Das erstgenannte Album empfinde ich als absoluten Meilenstein aus der Frühzeit von amerikanischer Punk-/HC-Musik, das zweite Album ist ebenfalls wichtig und sehr gut.
Während ich diese Rezension schreibe sind MDC mal wieder heftig in den Staaten am touren, unter anderem sind sie mit den SUBHUMANS unterwegs… hoffentlich kommen sie bald auch mal wieder nach Europa!
El_Nico
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