LABEL: ATP Records / Indigo – VÖ 27.08.2010 |
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Zuletzt aktualisiert am: 03. August 2010
Wer geschlagene sechs Jahre vergehen lässt, bis er mit einem neuen Album um die Ecke kommt, geht kein geringes Risiko ein: Einige Fans des Vorgängers werden die Band in der Zwischenzeit schon wieder zu den popkulturellen Akten gelegt haben. Die Treusten der Treuen, die jede Woche die Bandhomepage checken, um Neuigkeiten zum Stand der Produktion zu erfahren, können in sechs Jahren himmelhohe, erwartungsschwangere Ansprüche aufbauen. Denn wer einen so lange warten lässt, hat besser das Album des Jahrzehnts im Gepäck, wenn er denn endlich wieder da ist.
Ob sich AUTOLUX mit derartigen Gedanken die Zeit vertrieben haben, während sie an „Transit Transit“ werkelten, sei mal dahingestellt. Außerdem gibt es neben den oben genannten Typen von Musikkonsumenten noch solche wie mich. Diejenigen also, die 2004 offensichtlich mit anderen Dingen beschäftigt waren und an denen AUTOLUX und ihr Debüt „Future Perfect“ mehr oder minder vollständig unbemerkt vorüber ging. Und diese Hörer können sich, frei von überzogenen Erwartungen und den seelischen Narben von Jahren der Abstinenz, uneingeschränkt von „Transit Transit“ begeistern lassen.
Denn Begeisterungspotential hat das, was Carla Azar (vox/drums), Greg Edwards (vox/gui) und Eugene Goresther (vox/bass) produziert haben, allemal. Dabei ist der Titel durchaus auch für den musikalischen Inhalt programmatisch zu verstehen: „Transit Tranist“ ist eine Momentaufnahme des dynamischen Übergangs. Einige der Songs klingen noch nach spätem 90er-Postrock und schließen damit fast nahtlos an „Future Perfect“ an. So überwältigen „Census“ und „Supertoys“ mit rumpelnden Gitarrenwänden, vor denen sich sphärischer Gesang abhebt - eine Kombination, die im besten Sinne an die frühen FOO FIGHTERS, SMASHING PUMPKINS und die PIXIES erinnert. Dass hier aber nicht die Zukunft der musikalischen Ausrichtung liegt, wird schnell deutlich, denn diese ,klassischen´ Parts werden immer wieder durchbrochen durch Einsprengsel der neuen Zeit: Synthie- und Atmoeffekte, Drumcomputer und klug gesetzte Dissonanzen.
Das Ziel dieser musikalischen Reise zeichnet sich von Anfang an deutlich am Horizont ab. Zum Beispiel in Form eines Stücks wie „Tranist Transit“, das das Album reduziert eröffnet, mit einer Kombination aus Klavierakkorden und dem geloopten Sample einer zuschlagenden Kühlschranktür, um sich mit Trompeten und Gesang immer vielschichtiger weiter zu entwickeln. Am anderen Ende der Reise steht dann ein Song wie „Highchair“, der fast schon experimentalmusikalisch daherkommt in seiner Reduktion auf Beat, Sprechgesang und Soundfragmente.
Was dazwischen liegt, sind spannende Zwischenformen, unentschiedene Übergänge. Transite eben. Das Gefühl, einen mehrjährigen Entwicklungsprozess einer Band in zehn Songs miterleben zu können, ist es, was „Transit Transit“ so hörenswert macht – neben der musikalischen Qualität der einzelnen Stücke, natürlich.
GeiJ
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