LABEL: Polyvinyl - VÖ 14.09.2010 |
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Zuletzt aktualisiert am: 12. Oktober 2010
Weder das Alter der Band (es gibt sie seit 1997) noch der Umstand, dass mit einem Mal Gastmusiker ausgewählten Songs auf dem neuen, mittlerweile elften OF-MONTREAL-Album ihre Note verliehen haben, dürften hier vermuten lassen, dass knausrige Produzenten eine inzwischen verloren gegangene Kundschaft für die 13 jährige Combo aus Athen in den USA zurückgewinnen wollen. Auch wenn es sich bei jenen Gastmusikern um zweifelhafte Größen wie Beyoncés Schwester handelt. Nein, bei Leibe nicht. Zu brisant liegt Frontmann Kevin Barnes‘ Geschick über dem Banduniversum. Seine künstlerische Leitung steht außer Frage, nie war sie so stark zu spüren, wie auf „False Priest“.
Bunt kommt es daher, was für die Gestaltung von Cover und Booklet gilt, trifft vor allem die Musik, so als seien Noten herausgefallen und hätten sich materialisiert. Das kann aber nicht sein – den 13 Stücken fehlt nicht ein Ton. Sie sind perfekt. „False Priest“ ist ein heißer Kandidat für das Album des Jahres. Nicht, weil es mit Stücken wie „Girl Named Hello“ bei aufgedrehten Reglern selbst aus dem gemütlichen Sofa reißt, sondern weil Barnes an jeder Ecke dermaßen akribisch geschraubt und gepinselt haben muss, dass eine hochdichte Komplexität entstanden ist. So fällt es auch recht schwer, ein Ende zu finden, wenn es an Vergleiche geht. Rezensenten in Netz und auf Papier finden schnell Prince in all dem Indie-Synthie-Elektro-Funk’n’Pop-Gemisch mit live eingespieltem Schlagzeug und geben sich damit zufrieden. Es sind aber noch eine Fülle anderer, viel frischerer Töne zu finden, wenn auch nur zwei Takte lang. So taucht immer wieder der Geist von Björk auf. „Coquet Coquette“ klingt gar nach dem aktuellen Album von den ARCTIC MONKEYS, Indiehit-verdächtig wie britisch. Und dabei finden sich schnell auch Spuren der BEATLES wieder. Mehr Korrespondez als zu Lennon und Co. aber hat OF MONTREAL zu Jamiroquai. Ein Hin und Her, das nicht Zeichen für die Entscheidungsschwäche des Künstlers Kevin Barnes, sondern Ausdruck für seine Vielseitigkeit und Lust am Werk ist. Die Platte ist so gut, dass sich manch ein Fan nun in den Schriftsteller Borges einfühlen kann, der schnell eifersüchtig war, wenn jemand über seine Lieblingsstadt Buenos Aires schwärmte.
avm
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