LABEL: self released - VÖ: 12.12.2009 |
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Zuletzt aktualisiert am: 12. Dezember 2009
Dieses Album hat mich nach langjähriger Ungläubigkeit endlich davon überzeugen können, dass man als Rockband wirklich spannende, tiefsinnige und vielseitige Instrumentalmusik machen kann. Und das mithilfe von nur sieben Songs, wie sie monumentaler kaum sein könnten.
Um das Pferd von hinten aufzuzäumen: Der Titel „Resistant“ (zugleich ihr früherer Bandname) erstreckt sich so z. B. über ganze 13 Minuten und ist an keiner Stelle langweilig oder zerrig. Vielmehr wird man auf eine ungewohnte Reise entführt, die zwischen damals und heute schwebt, denn trotz des oldschooligen Stils sind die Berliner nicht in der Zeit stehengeblieben. Vielmehr schlagen sie eine stabile, glaubwürdige Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der Sound ist modern, ansprechend und unterstützt die dynamischen Arrangement-Aufbauten dadurch hervorragend.
Die catchigen Riffs, deren variierte Kinder und Kindeskinder sind bei jedem der Stücke ein einmaliges Erlebnis. Man bekommt nie das Gefühl von Monotonie. Sie sind die Elemente, die der sonst so ungewöhnlich strukturierten Musik dieser Scheibe einen gewissen Wiedererkennungseffekt geben. „Second Order Observation“ beweist das auch als eines der ‚kürzeren‘ Lieder, indem es mal straighter, mal verwinkelter umherzieht. Es wird auf beeindruckende Weise gezeigt, dass man aus sechs Saiten, einer Hand voll Trommeln und schwarz-weißen Tasten unendlich viele Farben und Stimmungen kreieren kann.
Der synthetische Charakter der Musik ist vor allem im sehr fetten, fiesen Bass des Songs „Men Of Duty“ zu spüren. Dennoch ohne Effekthascherei folgt auf den lauten, stampfenden Part ein leichtfüßiges, fast hymnisches Gitarrenlead, welches sich wiederum in einem neuen Teil ergießt, bei dem die Keys die Führung übernehmen. Was sich dann schon wie das Ende anfühlt, ist nur ein weiterer phänomenaler Schachzug vor dem tatsächlichen Ausklang, der mit THE DOORS-typischer Romantik in einem weiteren Solo verebbt. Wahnsinn. Andere Bands wären froh, wenn sie auch nur einen Part aus dem Lied erfunden hätten.
Eine besondere Note gibt dem Album der Einsatz von Trompeten. Diese werden nicht, wie z. B. im Swing üblich, für kurze Fills missbraucht, sondern gleiten melodisch und spannungsvoll durch die musikalische Landschaft wie Zugvögel gen Süden. Auch „Your Cities Will Lie In Ruins“ bindet dieses Stilmittel gekonnt in seinen großen Spannungsbogen ein. Der Track fühlt sich an wie ein Tauchgang im offenen Meer, in dem alles ruhig und sanft dahinschwebt. Doch allmählich wird die Luft enger und man weiß, man muss auftauchen. Nach dem Durchbrechen der Wasseroberfläche keimt die Erkenntnis über die fantastischen Dinge, die da unten vor sich gehen und der Wunsch, wieder hinab zu tauchen erblüht. Anders, als mit solchen Bildern kann man diese Musik nicht beschreiben. Das schöne ist: Jeder wird das ganz unterschiedlich empfinden können, da der eigentliche ‚Mangel‘ an Gesang zugleich viel mehr Interpretations- und Inspirationsspielraum lässt.
Das war nur die Beschreibung der halben Platte. Von Highlights kann man insgesamt ausnahmsweise nicht sprechen, da alle Titel ineinander verschmelzen, vor allem, weil man besonders schnell sehr vertieft zuhört. Ohne es zu merken. Diese scheinbar bisher unterschätzten 43 Minuten Musik aus Berlin sind es wert, jede Sekunde lang bewusst genossen zu werden. Ein großes Gesamtkunstwerk. Technisch einwandfrei, aber keinesfalls mit mathematischer Pingeligkeit werden die beeindruckenden Stücke auf einem Platintablett serviert, sodass man das gekonnte Handwerk hört und die perfekte Dosis Passion spürt. Famos!
TIPP: Track & Interview im aktuellen WAHRSCHAUER #59!
pd
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