KOTZREIZ wurden mit ihrem Debütalbum „Du machst die Stadt kaputt“ von Null auf Hundert gehypt. Man verzeihe mir dieses Wort für eine Punkband, aber so war es nun mal. Die Combo wurde als die neue Deutschpunkband gesehen, als ob es die letzten Jahre keine anderen gegeben hätte, die relevant waren. Immerhin fand ich den Titel so klasse, dass ich sie mir auch angehört habe. Er passte wie die Faust aufs Auge zum Thema Gentrifizierung, die in Berlin seit Jahren vor sich geht und selbst vor den alten Arbeiterbezirken wie Neukölln oder Wedding nicht Halt macht. Die Zugezogenen machen die Stadt kaputt. So ist das. Nun ist die zweite Platte „Punk bleibt Punk“ des Berliner Trios draußen. Elf Songs machen da weiter, wo sie beim Erstling aufgehört haben. Die Texte sind irgendwo zwischen Jugendzentrum, lebenserfahrenem Sauf-Pöbler und scharfer Alltagsbeobachtung anzusiedeln. Songs wie „Montag - Scheißtag“ kann jeder nachvollziehen, der Montagmorgen mal arbeiten musste. Dafür muss man nicht Punk sein, sondern Mensch. Genial ist auch der Song „Fahrschein“: kurzer Text, knappe Beschreibung der Situation, vier Leute und ein Kontrollfatzke in der S-Bahn. Wie es ausgeht, kann sich jeder in seiner Fantasie ausmalen. Davon wünsche ich mir mehr! Und das hat nix mit Sicherheit im ÖPNV zu tun und rechtfertigt keine Kamera und keinen Rentner-Securitymann, der für 5 € pro Stunde seinen Kopf hinhält und denkt, er wäre Gott. Die Drei von KOTZREIZ spielen ihre Songs in bekannter Kürze. Ab und an wird mal das Tempo rausgenommen, um durchzuatmen und zum nächsten Bier zu greifen. Es ist einfacher, eingängiger Punkrock. Musikalisch kann man keine Höhenflüge erwarten, aber die hatten die SEX PISTOLS auch nicht zu bieten. Einige Funpunk-Anleihen bringen die Jungs auch noch rüber, z.B. in „Pfeffi Graf“. Einige Gäste gibt es zudem auch noch - beispielsweise von DIVAKOLLEKTIV, FEINE SAHNE FISCHFILET, NON STOP STEREO und AUF BEWÄHRUNG. KOTZREIZ schaffen auf „Punk bleibt Punk“ den Spagat zwischen Saufpunk, albernen Zeilen, Pogokrachern und politischem Anspruch. Sie zu analysieren wäre so, wie nach dem Sinn des Lebens zu suchen. Sie vereinen das Beste des Punk der letzten 30 Jahre in all seinen Facetten. Heißt aber auch, das was die Band macht, gab es so oder so ähnlich schon mal. Trotzdem, „Punk bleibt Punk“ ist Punk. Punkt, Ende, fertig. Für die Sammler sei gesagt, dass die farbige LP auf 700 Stück limitiert ist, und außerdem kommt das Album noch als limitierte-MC für die Old-School-Punks!

Frank