Was haben die SÖHNE MANNHEIMS und CHAOZE ONE gemeinsam? Genau, sie kommen aus Mannheim, glauben sendungsbewusst an eine bessere Welt und machen zum großen Teil deutschsprachigen HipHop. Fast nebensächlich ist der Unterschied, dass die einen den Glauben an Gott und der andere den Anarchismus als Mittel zum Ziel ansehen. Mit dem atheistischen Gottesdienst zum 1. Mai dürfte der richtige Anlass für diese Rezension gegeben sein. Kurz zum Formalen: „Letztes Kapitel“ enthält acht Tracks, darunter das gleichnamige Stück (bereits auf seiner letzten CD „Fame“ veröffentlicht) in der Album- und einer Remix-Version, sowie sechs neue Songs. Zurück zu den großen Themen der EP: Liebe und Revolution. Diese haben gemeinsam, dass sie eine Portion wortwörtliche Leidenschaft ihrer Protagonisten voraussetzen. CHAOZE ONE hat viel davon. In „Letztes Kapitel“ ist es der Schmerz des Verlassenen, der ihn fragen lässt: „Wann kommst du endlich, um den Platz, den du hier hast, zu räumen?“ Oder „Hey Schwungi 2008“, ein gerapptes Zwiegespräch mit einem Freund, der zu früh gegangen ist. Hier bekommen wir HipHop, der eine Träne im Rhythmus trägt; unterstrichen durch Klavier und Streicher. Auch im politischen „Imagine Toi“, bei dem Deadly T von ANARCHIST ACADEMY, Mal Elévé von IRIE RÉVOLTÉS und Lotta C mitwirken, bleibt die Stimmung in Moll: „Stell mir vor, alle von oben stünden mit mir unten / Ich hätt’ die Kraft und könnte alle Wunden heilen / Ich hätt’ die Kraft, keiner müsste Hunger leiden.“ Wie naiv, wie wahr und ebenso weit weg! Die Traurigkeit des Beats enttarnt den scheinbaren Utopismus des Reims als Realismus, denn er beschreibt einen Traum ohne Halbwertzeit und deshalb: „vielleicht fühlt Ihr Euch beim Träumen idiotisch“ („Imagine Toi“). Ähnliches gilt für die Stücke „Ma Voix“, „Freiheit Herrscht Nicht“ und „G8 Illegal“, auch wenn die Stimmung hier anklagender ist. In „Revolte Tanzparkett“ wird die Trübsal auch mal mit untypischem Rock-Steady-Ska weg geblasen. Inhaltlich bekommt man von CHAOZE ONE, der im Booklet mit EZLN-Sweatshirt der Zapatisten posiert, zwar wenig Neues, dafür aber für dunkle Zeiten das Kerosin für die Glut im Herzen. Wir sehen uns beim 1. Mai auf der Straße!

bigat