BAND: ADRIAN AND THE SICKNESS
ALBUM:

LABEL: Fantom Records - VÖ: 08.12.2009
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Zuletzt aktualisiert am: 08. Dezember 2009
„Modern Freedom“ heißt der erste Song und es könnte sich fast um eine MÖTLEY-CRÜE-Nummer handeln - wenn, ja wenn tatsächlich Vince Neill drüberknödeln würde, was er dankenswerterweise nicht tut. Nein, es singt Adrian Conner, gleichzeitig die Gitarristin dieses Damentrios aus Austin, Texas. Frauen, die ein ordentliches Brett an der Gitarre hinlegen und sich auch für wunderbar prollige Soli nicht zu schade sind, gibt es aus welchen Gründen auch immer leider viel zu selten. Die viel zu früh verstorbene Kelly Johnson von GIRLSCHOOL passt vielleicht noch am ehesten als Referenz. Doch klingt bei ADRIAN AND THE SICKNESS (AATS) oftmals eher Angus Young durch, wenn man genauer hinhört. „B.F.D.“, das mittlerweile dritte Studioalbum, schlägt einen anderen Weg ein, als die beiden Vorgänger. Dominierte zuvor der reduziert und dreckig gespielt Punk- oder Hardrock, sind die Songs hier elaborierter und glatter produziert, was mit Kathy Valentine, der Produzentin, zu tun hat. Die spielte Anfang der 80er zusammen mit Belinda Carlisle („Heaven Is A Place On Earth“ hieß ein späterer Solohit) in der Pop-Punkband THE GOGO'S zusammen und das hört man B.F.D. auch an. Die „Fuck-You-Songs“, wie es Bassistin Heather Webb im Interview formulierte, sind eher mainstreamigen Hörgewohnheiten gewichen – was nicht bedeuten soll, dass musikalische Arschtritte völlig fehlen. „Rice N Beans“ etwa rockt sich schön trocken durch die Strophe, plötzlich setzt unverhofft ein wirklich bemerkenswertes Gitarrengesplitter ein, bis überraschend das Tempo gedrosselt und neue Spannung aufgebaut wird. „Fight Nice“ beginnt unspektakulär, prescht dann umso härter los, um mit einem für meinen Geschmack etwas zu aufdringlichen Backgroundchorus und uninspirierten Refrain das Tempo rauszunehmen. Live kickt der Song übrigens seltsamerweise richtig. Jedenfalls ist das die eine Seite dieser Platte, die andere besteht aus den richtig poppigen Momenten. Was bei „Listening“ dank eines sehnsuchtsvollen Refrains und eines Solos, das mitten ins Herz geht, noch hinhaut, funktioniert bei „Talk To Me“ nicht mehr so richtig. Ein guter Popsong geht sofort ins Ohr, gaukelt dir aber vor, dass du die Melodie nie zuvor gehört hast, und das gelingt hier (noch) zu selten – da sind mir die Harmonieideen zu vorhersehbar. Im Punkrock fühlen sich ADRIAN AND THE SICKNESS wohler, das ist den Liedern anzumerken. Ich bin sehr gespannt, wohin die Reise geht. „Common Ground“ etwa funktioniert als Popsong ganz hervorragend, eine ungewöhnliche Idee kombiniert mit einer Gitarre, die im Radio eher selten zu hören ist. Oder „Not Sure“, das von einer fröhlich vor sich hinblubbernden Basslinie getragen wird. Mir kommt es so vor, als befänden sich ADRIAN AND THE SICKNESS in einer Findungsphase – oder sagen wir: auf Erkundungstour durch noch nicht komplett erschlossenes Terrain. Und „B.F.D.“ bietet in jedem Fall genug Anreize, um sie weiterhin dabei zu begleiten. TIPP: Song auf dem kommenden WAHRSCHAUER Sampler sowie ein Interview, das ich beim Gig im White Trash / Berlin geführt habe.
Jay
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