BAND: LA STAMPA
ALBUM:

LABEL: Staatsakt / Rough Trade - Vö 19.02.10
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Zuletzt aktualisiert am: 04. Juni 2010
Selten gingen bei einem Album im Vorfeld dermaßen die Alarmglocken an. Das Erstlingswerk von LA STAMPA wurde im deutschen Feuilleton mächtig abgefeiert. Ein Blick auf die Besetzung lässt einen Schlimmes befürchten. Unter anderem finden wir Namen wie Jons Vukorep (spielte einst bei dem bosnischen Minimalistenduo LOMA, wo Chorgesänge mit „aufs wesentlich reduzierte, stoistischen Killerriffs“ (Beschreibung lt Pressetext) gekreuzt wurden), Jörg Heiser (arbeitete für die britische Kunstzeitschrift FRIEZE und kuratierte bei diversen Ausstellungen mit Namen wie „Romantic Conceptualism“ oder „Funky Lessons“), Thomas Hug (studierte in Genf Komposition und ist Co-Betreiber des Centre for Opinions in Music and Art in Berlin, wo er neben Ausstellungen auch Konzerte veranstaltet, wie z. B. mit Sebastian Tellier im Schaufenster seiner Galerie, welches nach 17 Minuten von der Polizei beendet worden sein soll). Was also erwartet einen mit solch einem Album? KUNSTKACKE! (will man meinen). Hoffnung wiederum gibt das Label Staatsakt und seine Protagonisten. Hinter dem Label steht nun mal kein Geringerer als Maurice Hillen, seines Zeichen Sänger bei den TÜREN. Der bereits so interessante Bands in sein Boot geholt wie BONAPARTE, MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER oder JA, PANIK. Produziert wurde das Album von Thies Mynther, der ja auch in Bands wie SUPERPUNK, DAS BIERBEBEN und dem TOCOTRONIC-Nebenprojekt PHANTOM/GHOST schon für einigen Wirbel gesorgt hat. Ist also bei so einem Background tatsächlich mit KUNSTKACKE zu rechnen? Leider nein! „Pictures never stop“ ist über weite Strecken schlichtweg langweilig. Ich hab das Album ca. ein halbes Dutzend mal zuhause gehört und es hat noch immer nicht gezündet. Danach ab ins Auto und während der Fahrt gehört (manche Scheiben funktionieren halt nur beim Autofahren). Aber auch hier kann ich mich nicht wirklich dafür erwärmen. Woran es liegt? In erster Linie bekommen wir nette, gefällige Popsongs in englisch und deutsch geboten. Aufgepeppt mit leichten Early-80th-Keyboard-Elementen. Verzeihung: Fender-Rhodes-E-Piano-Elementen. Andere Kulturschreiberlinge sehen Parallelen zu BELLE & SEBASTIAN, FRANZ FERDINAND, gar DEVO oder (seitdem TREND salonfähig wurde darf diese Band in keiner Rezi mehr fehlen): GANG OF FOUR. Mich erinnert der Sound eher an die sogenannte New Romantic Welle Anfang der 80er (ja, die haben auch Musik gemacht und sich nicht nur geschminkt). Wahrscheinlich hätte ich mehr Spaß an dem Debut von LA STAMPA, wären die Gitarren nicht so verdammt unaufdringlich. Dann wären sie bei mir wenigstens als nette Alternative zu Britpop durchgegangen. Sehr grenzwertig auch die naiven Texte. Da wünscht man sich fast, sie würden lateinisch singen, dann versteht man’s wenigstens nicht. Beispiel gefällig? In „Cronenberg“ heißt es: „Mir wird klar, dass ich der Schatten war, die Nacht bleibt hell, singe still.“ Dann aber, zurück zuhause, hält die CD für mich doch noch ein Schmankerl bereit: Das der CD beiliegende Infoschreiben von Staatsakt, in dem Song für Song beschrieben wird, und worum es ihnen geht. Wie konnte ich nur so daneben liegen ich Kretin!! So lese ich beispielsweise über besagtes „Cronenberg“: „Sexbesessene in der Seniorenresidenz - gekreuzt mit Orson Welles und Peter Lore auf der Flucht...“ Ich komme mir vor, als würde ich in einem Museum das Bild mit den pokernden Hunden hängen sehen, mit der Bildunterschrift: „Kubismus 33“. Hoffentlich ist die Beschreibung jeder CD beigelegt. Brüller!! Um mich mit dem letzten Satz noch total unbeliebt zu machen: Mädchen könnten dieses Album wohl mögen, und der Song „Jealousy“ hat tatsächlich was.
Thomash
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