Vagrant/Rough Trade - VÖ 7.3.2008 |
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Zuletzt aktualisiert am: 03. März 2008
Der Zwiespalt, einerseits einer Familie, einem Stamm, eben dem harten Kern angehören zu wollen, andererseits aber auch eine beträchtliche Zahl an Adepten und einhergehend damit möglicherweise weniger schmeichelhafte Fans anzuziehen, schwebt spürbar über dem letzten Auftritt von ROCKET FROM THE CRYPT in ihrer Heimatstadt San Diego. Eifersüchtige bis renitente Fans mit Ausverkaufsvorwürfen - immerhin gaben ROCKET FROM THE CRYPT ein Zwischenspiel beim Kapital - schicken sich an, die letzte Familienzusammenführung auf der Trauerfeier dieses Tages zu torpedieren. Und dabei sollte doch auf dieser DVD endlich die Freundschaft, der Exzess, die Loyalität und der beispiellose Energieaustausch eines ROCKET FROM THE CRYPT-Konzertes hautnah dokumentiert werden. Mit verwackelter Bildführung, bemüht laienhafter Bildregie und Schnitt, sowie einer Pit-Perspektive. Das hat man nun mit nur einer Kamera schon bedeutend überzeugender gesehen, aber immerhin handelt es sich um eine große Show und ROCKET FROM THE CRYPT gelingt letztlich der Spagat nach Anfangsschwierigkeiten. Die Band zeigt sich berauscht doch sympathisch, und lässt von Beginn an ein Gänsehautgefühl sich einstellen. Ein überkandidelter El Vez kündigt theatralisch das Begräbnis an und legt damit den Ton des Abends fest. Die Band, zwischen 1989 und 2005 vom Quintett zum Sextett angewachsen, lässt sich melodramatisch auf die Bühne tragen und eröffnet mit "I put a spell on you" von Screamin' Jay Hawkins. Die Sprechchöre, das Einstimmen hunderter Kehlen und die Verkleidungen beider Seiten legen Zeugnis ab über die Einzigartigkeit der Band und die mexikanische Feierstimmung auf Begräbnissen. Und mitreißend ist der Post-Hardcore im Big Band-Sound von ROCKET FROM THE CRYPT. Dabei beflügeln die Bläser die schweren Gitarren, doch auch wenn sie die Musik für Rhythm 'n' Blues, mexikanische Klänge, Rockabilly und andere flotte Stampfer öffnen, können sie doch nicht verhehlen, dass alle Liedstrukturen dem Hardcore entlehnt sind. Die langsamen Lieder beweisen, dass ROCKET FROM THE CRYPT dem Lied, so sperrig es sein mag, stärker verpflichtet sind als dem Klang, was sie von ihren Epigonen unterscheidet. Man kann die VOODOO GLOW SKULLS förmlich vor sich sehen, wie sie unter dem Eindruck von ROCKET FROM THE CRYPT ihren Sound am Reißbrett entwickeln. Die DVD hat ein wenig mehr zu bieten als die zwanzig Lieder der CD, nämlich 46 Minuten zusätzliche Spielzeit bzw. fünf Lieder und ausgedehntere Zuschauerbeteiligung bei den restlichen. Und natürlich gibt es eine versteckte Spur mit nostalgischer Diashow und Liebesbeweisen der Fans in Form ihrer Tätowierungen.
Kassandra
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