Lappan Verlag und Kunstmann Verlag - VÖ: 01.09.2010 |
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Zuletzt aktualisiert am: 01. September 2010
Bücher lesen macht nicht immer Spaß, manchmal vergreift man sich und liest plötzlich über ostdeutsche Türme oder hält den neuesten Grass in den Händen. Womöglich wurden diese Druckerzeugnisse, dieser Quatsch, auch noch an der Kasse bezahlt. Damit so etwas erst gar nicht vorkommt, sollten Menschen mit Spaß im Blut diese dicken Schwarten beiseite legen und sich lieber mit Malbüchern beschäftigen. Also, nicht richtige Malbücher, sondern Bücher, die bereits mit bunten Skizzen voll gekritzelt wurden und somit Spaß verbreiten. Nach mehreren Werken mit bitterbösen und fiesen Cartoons ist im Lappan Verlag ein weiterer Sammelband zu einem bestimmten Thema erschienen, diesmal: Frauen und Männer. Auf dem Umschlag geht es gleich hart zur Sache: Mann sitzt am Tisch und trinkt Kaffee, Frau sitzt auch am Tisch und trägt eine Tüte über den Kopf. Mann fragt: „Warst Du beim Friseur?“
Ist doch toll, da weiß mindestens jedes Pärchen bescheid. Im Inneren des Muntermachers beschäftigen sich 54 Cartoonistinnen und Cartoonisten mit allem, was eine Beziehung ausmacht: Die Liebe und die Lust werden erläutert, der Frust schonungslos angeprangert und sehr skurril dargereicht. Stephan Rürup, der Hauzeichner der Titanic, läßt einen frechen Jungen nachts ins Schlafzimmer der Eltern eindringen, mit einem starken Aussagesatz: „Mama! Papa! Sofort aufhören!!! Ich will Einzelkind bleiben! Es braucht hier kein weiteres klärendes Gespräch und keine Aufschriften auf den Teilnehmern, wie bei blöden Tageszeitungskarikaturen üblich. Oder die Frau sagt bei Lothar Otto zum Mann: „Kuschen- nicht kuscheln!“ Da denkt man sich doch als Ehemann: „Scheiße, wie bei uns.“ Wer mutig bleibt und bis zur letzten Seite blättert, der wird an keinem Aussetzer vorbei kommen, sondern nur Erhebendes, Wahres und Reizendes erleben. Vertreten sind neben den bereits genannten unter anderem: OL, Hogli, Rudi Hurzlmeier, Gerhard Haderer, Fred & Günther (Frau: Weltmacht mit drei Buchstaben?, Mann: Ich!!) und Hauk & Bauer. Bernd Zeller fehlt: Oh, wie ist das schön!
Wer allerdings neben Hauck & Bauer nichts anderes sehen möchte, dem sei deren Cartoonband „Hier entsteht für sie eine neue Sackgasse“ wärmstens empfohlen.
So richtig bekannt sind Elias Hauck und Dominik Bauer mit dem Comic-Strip „Am Rande der Gesellschaft“ geworden, der regelmäßig in der FAS erscheint und dafür sorgt, dass manch Zeitgenosse (ich) heimlich in der Bahnhofsbuchhandlung einen Blick in das ansonsten recht biedere und erzkonservative Blatt wagt. Das spaßige Duo stammt aus dem unterfränkischen Alzenau und wurstelt zusammen seit der Schulzeit rum. Mittlerweile zeichnet Hauck in Berlin, was sich Bauer in Frankfurt einfallen läßt. Die Witze sind nicht nur lustig, sondern oft tragikomisch, manchmal böse, aber immer aus dem Leben gegriffen. So reichen nur einige Striche, eine ordentliche Knollennase und der passende Spaß auf den Lippen. Knollennase stimmt wiederum gar nicht, es ist eher so ein länglicher Zinken, der in alle Dinge paßt, die einem nichts angehen. Da spricht eine feiner Piefke zum obdachlosen Zeitungsverkäufer: „Kein Dach überm Kopf, aber eine Zeitung machen!“ Fies, intelligent und aus dem wirklichen Leben gegriffen. So ganz nebenbei bekommen Deutschlands Schauspieler eins auf die Nase: „Er war mal ein erfolgreicher Schauspieler, bis er in einem Film einen erfolglosen Schauspieler spielen mußte. Das ist bei den Produzenten wohl hängen geblieben!“ Und mit vier Bildern und einer ganz kurzen Büttenrede wird der ganze dämliche Karneval in Köln verlacht: „Isch weiß, ihr Narren isch wär jetzt net dran!/ Doch horscht emal uff en alte Mann!/ Wo geht`s denn hier schnell zu de Klos?/ Isch hab schon ebbes in de Hos!“ Gerne regt sich die Menschheit über irgendwelche billigen Muhammed-Karikaturen auf und vergisst darüber die wahre Bosheit von Hauck & Bauer: Kurz vor dem Attentat spricht ein Turbanträger zum Selbstmordattentäter: „Denk einfach an die Jungfrauen, die nachher auf die warten!“ Antwort des Sprengstoffgürtelträgeres: „Und wenn ich mein Glied nicht mehr finde?“
Beide Bücher bieten wundervollen Unfug, irrsinnige Lust und bekloppte Situationen ohne Fehl und Tadel. Wenn es vor dem Arbeitsamt mal wieder länger dauert, dann blättern.
Thobe
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