BERNI MAYER
Mandels Büro

Wilhelm Heyne Verlag - VÖ: 09.01.2012
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Zuletzt aktualisiert am: 30. Januar 2012
Wenn ein Autor als Chefredakteur bei MTV und in der Musikindustrie gearbeitet hat, mit Markus Kavka eine Webshow produzierte und anschließend einen Krimi schreibt, kann man sich schon denken, worum es im Wesentlichen geht: um die Musikindustrie, den Boulevard und die Popkultur im Allgemeinen. Bei Berni Mayer kommen nun auch noch Nazis dazu, und das geht folgendermaßen: Die bekannten Musikjournalisten Mandel und Singer verlieren ihre Festanstellung. Wie es das Schicksal so will, hat Mandel jedoch just ein erfolgloses Detektivbüro von seinem Onkel geerbt, und gleich der erste Fall hat es in sich. Die aufstrebende Schauspielerin Malleck bittet die beiden Grünschnäbel, aus ehelichen Gründen ihren Mann zu beschatten, den höchst bekannten Sänger einer Punkrockband. Der will seiner Karriere offenbar eine neue Richtung geben, wobei er aus irgendeinem Grund einer rechtsradikalen Splittergruppe in die Quere zu kommen scheint. Das klingt arg nach einer Räuberpistole, die uns Mayer da auftischt und doch funktioniert die Handlung irgendwo im Spannungsfeld zwischen Detektivroman, Parodie und sarkastischer Kritik an der boulevardisierten Musikindustrie. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive des seltsam teilnahmslos wirkenden Singer, der seinen Kollegen zu bewundern scheint, dies aber mit ironischen Beschreibungen zu kaschieren versucht und sich überdies von seiner Klientin nur allzu gern manipulieren lässt. Mayer trifft damit einen Ton, der ungewöhnlich ist für einen Kriminalroman, der widerspenstig ist, wenn es darum geht, sich mit einer der handelnden Personen zu identifizieren. Die Protagonisten bleiben über viele Seiten hinweg unscharf, distanziert, und nur ganz allmählich schälen sich ihre Charaktere heraus. Und plötzlich, ohne, dass es dem Leser bewusst wird, hat er eine konkrete Vorstellung von zwei gescheiterten Existenzen, die sich selbst und uns dennoch ein ums andere Mal überraschen. So lakonisch und entlarvend, wie Singer über sich selbst, über andere und die Gesamtsituation fabuliert, macht die Lektüre mit fortschreitender Dauer immer mehr Freude. Ein Wiedersehen mit den beiden neuen Schnüfflern darf freudig erwartet werden.
JAY
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