Militante Neonazis als „Andersdenkende“ unter Demokratieschutz!
Berlin: Am 17. Juli 1932 marschierten 7000 SA- und SS-Leute, teilweise extra aus Schleswig Holstein angereist, durch das traditionell linke Arbeiterviertel von Altona. Die Lage eskalierte. Die Polizei und KPD-Anhänger lieferten sich Schießereien, die Nazis drangen in Häuser ein. Am Ende des „Blutsonntags“ waren 18 Menschen tot. Fast 76 Jahre später am 1. Mai 2008 kamen ...
... 1.000 Neonazis aus dem Umfeld der Freien Kameradschaften nach Hamburg. In einem Regionalexpress aus Pinneberg in Schleswig Holstein übernahmen 100 von ihnen die Kontrolle über den Zug, ließen nicht-deutsch aussehende Reisende nicht in den Zug und verkündeten über die Lautsprecheranlage, für Ausländer stünden „Güterwagen zur Verfügung“. Ein Bündnis von Antifas über Gewerkschaften bis hin zu Kirchen riefen im Hamburger Stadtteil Barmbek zu einer Gegendemonstration auf. Es kamen 10.000 Menschen. Da das Oberverwaltungsgericht einen Tag zuvor die Route der Gegendemonstranten in unmittelbarer Nähe zu den Neonazis erlaubt hatte, gelang es aktiven Antifas immer wieder, die Demonstration der Neonazis zu blockieren. Der 84jährige Ausschwitz-Überlebende Esther Béjarano hatte zuvor den Teilnehmern der Gegendemonstration das einzig sinnvolle Motto vorgegeben: Nazis stoppen, wo immer man sie trifft! Im Rahmen der Aktionen gab es auch direkte Konfrontationen zwischen AntifaschistInnen und Neonazis.
Die Hamburger Polizeiführung zeigte sich später vom Gewaltpotential des anwesenden „Schwarzen Blocks“ der Neonazis überrascht: „Auf Stichwort schlugen diese auf Linksautonome ein. Das kennen wir so hier nicht. (..) Die Polizei musste sich dazwischen schmeißen, sonst hätte es sicher Tote gegeben.“
Unabhängig der Schilderungen ihrer Polizeiführung gab sich die neue Grün-Schwarze Regierung in Hamburg in ihrer Interpretation der Ereignisse wesentlich nazifreundlicher: Karl-Heinz Wanrnholz (CDU) erklärt, dass die Übergriffe der Rechten erst durch den Aufruf der Antifaschisten, „den Nazis keinen Meter“, provoziert worden seien. Und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Maaß, bezeichnete die Neonazis als Andersdenkende, deren Schutz selbstverständlich zur Demokratie gehöre.
Und was erzählen sich die Nazis so? Ein Blick in die Einträge einschlägiger Internet-Blocks der Freien Kameradschaften verrät, dass einige Neonazis die Ereignisse vom 1. Mai in Hamburg ebenfalls als „Neue Qualität“ bezeichnen und als bewusste Provokation der NPD-Führung in Berlin sehen wollen, denn die Strategie des Bundesvorstands der Neonazipartei ist es, unter allen Umständen öffentliche Bilder von Gewalt im Zusammenhang mit rechtsextremen Aufmärschen zu vermeiden. Der Tenor der Freien Kameradschaften dagegen: Die letzten Wahlen haben gezeigt, dass die „Biedermanntaktik“ der NPD zur Zeit keinen Erfolg hat. Warum dann also „in Hamburg als Verlierer und Gepeinigte vom Platz gehen“? Der Riss durch die NPD scheint durch die ausbleibenden Wahlerfolge tiefer zu werden. Im Gegensatz zur Parteispitze in Berlin, hatte die Hamburger-NPD die Anwesenheit des „schwarzen Blocks“ der Neonazis angeblich „ausdrücklich begrüßt“.
siehe auch:
TAZ vom 2.5.2008
junge Welt vom 2.5.2008
junge Welt vom 3.5.2008
junge Welt vom 9.5.2008
Tipp:
Im WAHRSCHAUER #53 erschien eine große Reportage "Nazisafari durchMecklenburg Vorpommern" zum Wahlerfolg der NPD in Mecklemburg Vorpommern.
Nachtrag vom 26.5.2008:
Auf ihrem Bundesparteitag in Bamberg hat die NPD zwar Parteichef Udo Vogt bestätigt, aber gleichzeitig Jürgen Rieger als Vizechef gewählt. Jürgen Rieger ist Landesvorsitzender in Hamburg und ein Vertreter des militanten Flügels der NPD, der den Freien Kameradschaften und dem "schwarzen Block" der Neonazis nahe steht. Nach den ausbleibenden Wahlerfolgen und der Finanzaffäre ist damit der Einfluss der radikalen Kräfte innerhalb der Partei gewachsen, die weniger Kraft in Wahlkämpfe stecken und stattdessen die Priorität auf Aktionen auf der Strasse legen wollen (Berliner Zeitung, 26.5.2008).
Berlin: Am 17. Juli 1932 marschierten 7000 SA- und SS-Leute, teilweise extra aus Schleswig Holstein angereist, durch das traditionell linke Arbeiterviertel von Altona. Die Lage eskalierte. Die Polizei und KPD-Anhänger lieferten sich Schießereien, die Nazis drangen in Häuser ein. Am Ende des „Blutsonntags“ waren 18 Menschen tot. Fast 76 Jahre später am 1. Mai 2008 kamen ...
... 1.000 Neonazis aus dem Umfeld der Freien Kameradschaften nach Hamburg. In einem Regionalexpress aus Pinneberg in Schleswig Holstein übernahmen 100 von ihnen die Kontrolle über den Zug, ließen nicht-deutsch aussehende Reisende nicht in den Zug und verkündeten über die Lautsprecheranlage, für Ausländer stünden „Güterwagen zur Verfügung“. Ein Bündnis von Antifas über Gewerkschaften bis hin zu Kirchen riefen im Hamburger Stadtteil Barmbek zu einer Gegendemonstration auf. Es kamen 10.000 Menschen. Da das Oberverwaltungsgericht einen Tag zuvor die Route der Gegendemonstranten in unmittelbarer Nähe zu den Neonazis erlaubt hatte, gelang es aktiven Antifas immer wieder, die Demonstration der Neonazis zu blockieren. Der 84jährige Ausschwitz-Überlebende Esther Béjarano hatte zuvor den Teilnehmern der Gegendemonstration das einzig sinnvolle Motto vorgegeben: Nazis stoppen, wo immer man sie trifft! Im Rahmen der Aktionen gab es auch direkte Konfrontationen zwischen AntifaschistInnen und Neonazis.
Die Hamburger Polizeiführung zeigte sich später vom Gewaltpotential des anwesenden „Schwarzen Blocks“ der Neonazis überrascht: „Auf Stichwort schlugen diese auf Linksautonome ein. Das kennen wir so hier nicht. (..) Die Polizei musste sich dazwischen schmeißen, sonst hätte es sicher Tote gegeben.“
Unabhängig der Schilderungen ihrer Polizeiführung gab sich die neue Grün-Schwarze Regierung in Hamburg in ihrer Interpretation der Ereignisse wesentlich nazifreundlicher: Karl-Heinz Wanrnholz (CDU) erklärt, dass die Übergriffe der Rechten erst durch den Aufruf der Antifaschisten, „den Nazis keinen Meter“, provoziert worden seien. Und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Maaß, bezeichnete die Neonazis als Andersdenkende, deren Schutz selbstverständlich zur Demokratie gehöre.
Und was erzählen sich die Nazis so? Ein Blick in die Einträge einschlägiger Internet-Blocks der Freien Kameradschaften verrät, dass einige Neonazis die Ereignisse vom 1. Mai in Hamburg ebenfalls als „Neue Qualität“ bezeichnen und als bewusste Provokation der NPD-Führung in Berlin sehen wollen, denn die Strategie des Bundesvorstands der Neonazipartei ist es, unter allen Umständen öffentliche Bilder von Gewalt im Zusammenhang mit rechtsextremen Aufmärschen zu vermeiden. Der Tenor der Freien Kameradschaften dagegen: Die letzten Wahlen haben gezeigt, dass die „Biedermanntaktik“ der NPD zur Zeit keinen Erfolg hat. Warum dann also „in Hamburg als Verlierer und Gepeinigte vom Platz gehen“? Der Riss durch die NPD scheint durch die ausbleibenden Wahlerfolge tiefer zu werden. Im Gegensatz zur Parteispitze in Berlin, hatte die Hamburger-NPD die Anwesenheit des „schwarzen Blocks“ der Neonazis angeblich „ausdrücklich begrüßt“.
siehe auch:
TAZ vom 2.5.2008
junge Welt vom 2.5.2008
junge Welt vom 3.5.2008
junge Welt vom 9.5.2008
Tipp:
Im WAHRSCHAUER #53 erschien eine große Reportage "Nazisafari durchMecklenburg Vorpommern" zum Wahlerfolg der NPD in Mecklemburg Vorpommern.
Nachtrag vom 26.5.2008:
Auf ihrem Bundesparteitag in Bamberg hat die NPD zwar Parteichef Udo Vogt bestätigt, aber gleichzeitig Jürgen Rieger als Vizechef gewählt. Jürgen Rieger ist Landesvorsitzender in Hamburg und ein Vertreter des militanten Flügels der NPD, der den Freien Kameradschaften und dem "schwarzen Block" der Neonazis nahe steht. Nach den ausbleibenden Wahlerfolgen und der Finanzaffäre ist damit der Einfluss der radikalen Kräfte innerhalb der Partei gewachsen, die weniger Kraft in Wahlkämpfe stecken und stattdessen die Priorität auf Aktionen auf der Strasse legen wollen (Berliner Zeitung, 26.5.2008).