„Wir haben geklaut, getrampt und alles geraucht, was am Wegrand herum stand.“
Seit 1990 sind FIDDLER´S GREEN unterwegs und verwandeln jedes Festival in einen ausgelassen pogenden und schunkelnden Laune-Mob – mit irischer Teufelsgeige, Akkordeon, verzerrten Gitarren und metallischer Breitseite. Zuletzt haben die Erlangener ihren Irish Speed-Folk (inklusive Punk, Ska und Metal) einen Gang zurückgeschaltet und in ein akustisches Gewand gekleidet, was man auf dem Live-Album „Acoustic Pub Crawl“ nachhören kann. Mit fünf der sechs FIDDLERS sprach ich darüber, wie sie dazu gekommen sind, unplugged zu spielen, über IN EXTREMO und was jeder Einzelne von ihnen im Sommer 1988 gemacht hat (dem Gründungsjahr des WAHRSCHAUER).
WAHRSCHAUER: Wie kamt ihr überhaupt auf die Idee, akustisch zu spielen?
Pat: Bei unserer Jubiläumsshow im E-Werk in Erlangen waren wir unsere eigene Vorband, da haben wir uns quasi unplugged selber supportet.
Stefan: Unangekündigt…
P: Und da kam die Idee auf, eine ganze Tour unplugged zu machen, weil wir einfach Spaß daran hatten.
S: Außerdem wollte ich schon immer mal sitzen beim Spielen…
W: Wie schwierig war es, das Ganze akustisch umzusetzen?
S: Das war überhaupt nicht schwierig. Bei einer Band wie der unseren bietet sich das natürlich auch an, mit den eh schon akustischen Instrumenten. So waren ja fast auch die Anfänge von FIDDLER´S. Wir haben in einer Küche geprobt, weil wir keinen Proberaum hatten. Das war sehr beengt, und deswegen konnte in der Küche kein normales Schlagzeug aufgebaut werden. Unser erster Schlagzeuger hat daher auch im Stehen gespielt, und die ersten zehn Shows von FIDDLER´S sind wir auch genau so aufgetreten.
W: Es gibt euch als Band jetzt seit über 22 Jahren, was hat sich für euch in der Zeit verändert?
Rainer: Unser Alter.
W: Wie viel seid ihr älter geworden?
R: 22. Ganz zufälligerweise. Ansonsten hat sich bizarrerweise auf dieser Akustiktour eher weniger verändert, weil wir annähernd zu dem Konzept der ersten Konzerte zurückgekehrt sind - außer dass wir dann vielleicht doch ein bisschen besser spielen können und meistens auch deutlich nüchterner auf der Bühne stehen als vor 22 Jahren.
W: Ihr spielt immer wieder als Supportband von IN EXTREMO, wie kam das zustande?
S: Man ist sich vorher schon auf diversen Festivals begegnet und hat sich gekannt, aber das hat sich nochmal gefestigt. Wir haben 2011 eine Tour mit ihnen gemacht, da kam man sich natürlich näher. Das war richtig, richtig gut. Und seitdem spielt man auch immer wieder zusammen.
W: Was macht ihr denn beruflich? Ihr werdet ja nicht hauptberuflich Musiker sein…
Alle: Doch!
W: Das heißt, ihr könnt von FIDDLER´S GREEN leben?
Alle: Ja!
W: Sehr cool. Hobby zum Beruf gemacht – oder wie habt ihr mit der Musik angefangen?
?: Ich wurde von meinen Eltern gezwungen - also nicht ganz das Hobby zum Beruf gemacht…
P: Mein Schlüsselerlebnis war, als ich in einem Musikladen eine E-Gitarre gesehen habe und dachte: „Woah, das muss das Geilste der Welt sein.“ Dann hab ich die in die Hand genommen und dachte: „Hey, das ist ja langweilig, da kommt ja überhaupt nichts raus.“ Ich wusste damals noch nicht, dass man die an einen Verstärker anstecken muss. Da war ich ungefähr sieben oder acht.
S: Als ich sechs war, haben mich meine Eltern gefragt, was ich denn für ein Musikinstrument lernen möchte. Ich wollte Akkordeon lernen, ich Depp, weil da so viele Knöpfe dran waren. Hab‘s dann gehasst, mit 12 aufgehört und erst mit 19 wieder angefangen.
Albi: Ich habe mit 14 „Wish You Were Here“ von PINK FLOYD gehört. Dieses Riff ist ja so einfach und effektiv, das hat mich gleich gepackt.
W: Könnt ihr euch noch erinnern, was ihr im Sommer 1988 gemacht habt, als die allererste Ausgabe vom WAHRSCHAUER heraus kam?
A: Ich bin mit meiner Freundin nach Schweden getrampt. Es hat die ganze Zeit geregnet, es war total beschissen. Wir haben versucht, uns auf der Rückfahrt die Fähre zu erschleichen, und das hat auch irgendwie geklappt.
S: Ich habe 1988 Abitur gemacht und bin dann mit ein paar Kumpels nach Spanien abgedüst. Zu fünft in einem Ford Granada, der auf dem Boden aufgesetzt ist. Dann haben sie uns an der Grenze von Frankreich nach Spanien gefilzt und uns nicht mehr weiterfahren lassen.
P: Ich war 14 und wahrscheinlich mittendrin, meine Jugendsexualität abzuarbeiten.
R: Ich war mitten im Zivildienst, wenn ich mich recht entsinne, im Erlangener Bodelschwingh-Haus. Wahrscheinlich habe ich nichts getan und war die ganze Zeit im Schwimmbad.
Frank: Da war einer meiner legendären Urlaube in Frankreich mit Freunden. Wir hatten jeder 50 DM in der Tasche und das Ziel, uns drei Wochen durchzuschlagen. Wir haben geklaut, getrampt und alles geraucht, was am Wegrand herumstand. Aber wir haben das Experiment erfolgreich beendet und sind wieder heil nach Hause gekommen. Es gab natürlich sexuelle Belästigungen beim Trampen durch Lastwagenfahrer und ähnliche lustige Geschichten.
Ein tolles Gespräch mit sympathischen Musikern und ein echt geniales Konzert später bin ich noch ganz im FIDDLER´S-GREEN-Rausch und hoffe, die Band bald wieder live sehen zu können. Dann vielleicht mal bei einer plugged Show.