Bekannt geworden durch die legendären und bahnbrechenden X-RAY SPEX, wuchs Marion Joan Elliott-Said, bzw. Marion Elliot im berühmt-berüchtigten und durch Diskriminierung geprägten Süd-Londoner Stadtteil Brixton der späten 50er und frühen 60er Jahre als Tochter einer schottisch-irischen Mutter und einem Vater somalischer Abstammung auf. Um den unerträglichen Umständen dort zu entfliehen, riss sie mit 15 Jahren und nur 3 Pfund in der Tasche aus, um für die nächsten Jahre durch die englische Provinz
zu trampen.
Nach ihrer Rückkehr nach London eröffnete sie im ebenfalls inzwischen legendären (aber schon lange geschlossenen!) Beaufort Market unter dem Firmennamen „X-RAY SPEX" einen „Shopping Stall", in dem sie selbst entworfene und -geschneiderte Kleider (u.a. auch neonfarbene Plastiksandalen) „an Kunststudenten verkaufte", um kurze Zeit später – inspiriert durch einen Auftritt der SEX PISTOLS am berühmten Hastings Pier - die Band X-RAY SPEX zu gründen. Diese hatten wiederum das Glück, mit dem wohl bekanntesten Titel „Oh bondage – up yours" auf der ersten der beiden Roxy-Club Compilations veröffentlicht zu werden. Die gleichnamige Single schoss ebenfalls in die Charts, weitere folgten, ebenso wie TV-Auftritte und reichlich Präsenz in der Musikpresse.
Kurze Zeit nach Veröffentlichung des einzigartigen Debutalbums „Germfree Adolescents" erfolgte die Trennung der Band aufgrund von POLY STYRENES Gesundheitszustand. In dieser Zeit wandte sich POLY STYRENE indischer Religion (Hare Krishna) zu und veröffentlichte sie mit eher mässigem Erfolg das Album „Translucence" (1979), auf dem sie ihre religiösen, spirituellen und meditativen Erfahrungen sowohl musikalisch, wie auch textlich, verarbeitete. Gegen Mitte der 90er Jahre fand sich X-RAY SPEX noch einmal zu einer kurzen Re-Union zusammen, deren Ergebnis neben einer Reihe Auftritte das Album „Conscious Consumer" war, mit dem die Band aber nicht an alte Erfolge anknüpfen konnte...
2008 fanden sich X-RAY SPEX dann doch noch einmal zusammen, diesmal allerdings nur für einen einzigen Auftritt im Londoner Roundhouse, Camden. Dieser Auftritt, sowie genügend vorhandenes neues Material, waren Auslöser für POLY STYRENE, das hier vorliegende „Generation Indigo" mit keinem geringeren Produzenten als Youth (KILLING JOKE) einzuspielen. Das Ergebnis ist eine abwechslungsreiche Sammlung aneinander gereihter Popperlen - mal Electropop, ein bisschen Dance, aber auch Rock und Reggae bis in die Tiefen des Dub. Stimmlich wirkt Mrs STYRENE erwachsen und gereift – die Zeiten der kreischenden Punksirene sind endgültig vorbei, doch ihre Texte bleiben nach wie vor engagiert. Das thematische Spektrum hat sich gewaltig erweitert.
Während sich zu Zeiten von X-RAY SPEX die Inhalte vorwiegend um ausuferndes Konsumverhalten und Entfremdung des Individuums in der Gesellschaft drehten, werden auf „Generation Indigo" moderne Popkultur, Internet und Mode behandelt, die Musikerin scheut sich aber auch nicht, „schwere" Themen (Rassismus, Krieg, ...) ins Visier zu nehmen. Ein Vergleich mit CHUMBAWAMBA, die vor Jahren mit „Thumbthumper" (Thema: Homophobie) einen weltweiten Hit hatten, liegt auf der Hand. Und so schafft es POLY STYRENE spielend, dass diese bunte Mischung (wenn auch stilistisch keinem Konzept unterworfen) ein stimmiges Album ergibt, und jeder Song für sich das Potential besitzt, als Single mit Hitqualitäten ausgekoppelt zu werden! Unter der Unmenge von sogenannten Comeback-Alben ist „Generation Indigo" eine große und würdige Ausnahme: Während andere alte Hasen vor sich hindümpeln und mit Neuveröffentlichungen ihre Fans langweilen, fängt POLY STYRENE ihre Zuhörer sofort ein und versteht es blendend, ebenso aktuell wie zukunftsorientiert zu sein, statt in sinnlosen Versuchen die große Punkexplosion der 70er nachzuspielend zu scheitern!
UNEINGESCHRÄNKT EMPFEHLENSWERT!!!!!
TIPP: Interviewstory im kommenden WAHRSCHAUER #60!
(Future Noise Music / Motor – VÖ: 15.4.11)