Glitzern und Glänzen wie eine Bordelltür!
Damals, vor fast 50 Jahren, als die SHANGRI-LAS in ihrer Teenagerhymne „Leader Of The Pack" das Sample eines startenden Motorrads einbauten (bei Liveshows hatten sie sogar ein echtes Motorrad dabei!), war das noch eine ziemlich originelle Idee – oder kennt jemand ein früheres Beispiel? Wie auch immer, heute ist dies ein geradezu inflationär benutzter Effekt, jede harte Band hat irgendwelche Motorengeräusche auf Platte gebannt, allein der Name verpflichtet etwa die CARBURETORS, ihr Debüt so zu beginnen, und selbstredend fängt auch die neue Scheibe der V8 WANKERS mit einem satten Motorenröcheln an. Das ist fast ein bisschen enttäuschend, andererseits natürlich nur konsequent, wenn man seine Band schon nach einem ökologisch komplett unkorrekten, viel zu starken Achtzylindermotor benennt, der mit Vorliebe in dicken, chromverzierten Amischlitten seinen Dienst tut.
Auf die Erklärung des Wortes „Wanker" möchte ich hier verzichten. V8 reicht aus, um zu wissen, welche Route gewählt wird: „High Speed Rock'n'Roll" nennen es die Jungs aus Offenbach (ohne Scheiß), was an das selbstauferlegte Label „High Energy Rock'n'Roll" der HELLACOPTERS erinnert, und das hat seine Gründe. Was die HELLACOPTERS mit klassischem Rock'n'Roll gemacht haben, ihn nämlich dreckiger und vitaler zu spielen, das machen die V8 WANKERS mit dem Metal – sie subtrahieren Pathos, addieren Groove und kratzen dicke Schrammen in den einstmals glatten Stahl: Yieeehaaa!
Hier und da hat diesmal allerdings jemand – Tommy Newton nämlich, der auch schon HELLOWEEN produziert hat – versucht, die Karosserie mit Chrompolitur wieder zu glätten, was sich musikalisch in Echoeffekten und einer etwas zu ebenmäßigen Produktion äußert, worüber man allerdings geflissentlich hinweghören kann – bei „I'm The Kind Of Guy Who Gets Away With Murder" (schöner Titel, übrigens) führt das im Gegenteil sogar zu einem überraschenden Ergebnis, das Puristen wahrscheinlich nicht zu goutieren wissen werden. Getragen wird der Song nämlich von einem synthieartigen Backgroundchor, der schwer an die 80er erinnert und mir nach ersten (gewaltigen!) Irritationen nun im Gehörgang festsitzt. Experiment geglückt, Dachspoiler sitzt, und ich möchte endlich mit der Carrerabahn spielen, die ich nie hatte. Muss an IRON MAIDEN in der „Seventh Son Of A Seventh Son"-Phase denken. Schön. Was sonst so nachklingt, ist größtenteils räudig – im positiven Sinne. „Winner" etwa rockt nach dem doch eher öden Intro äußerst trocken los, nur um mit einer sauberen Tempoverschärfung in die Zielgerade zu gehen. Der Titeltrack des nun schon achten Longplayers der V8 WANKERS fällt dagegen wieder ein wenig aus der Rolle. Da wird das Verdeck aufgeklappt und entspannt über eine schnurgerade, staubige Wüstenstraße gecruist. Ich blicke nach oben und sehe LYNYRD SKYNYRD über mir kreisen.
Doch genug der Ausnahmen! Das Hauptaugenmerk liegt auf Vehikeln ohne Umweltplakette wie „You Hate Me (I'm So Glad)" – noch ein schöner Titel – oder „Ride The Rocket", klassische V8-Musclecars halt, die schön tief auf der Straße liegend ihren ureigenen Zweck erfüllen: Spaß machen, gedankenlos Benzin verblasen und ein bisschen zu sehr im Sonnenlicht „glitzern und glänzen wie eine Bordelltür" („Easy Rider"-Star Peter-Fonda als Jack Beauregard in „Mein Name ist Nobody"). Das Gegenprogramm zu E10. Mit diesem Metaphernoverkill gebe ich zurück zu Kai Ebel. Gentlemen, please start your engines.
(Steamhammer / SPV – VÖ 15.04.2011)
Damals, vor fast 50 Jahren, als die SHANGRI-LAS in ihrer Teenagerhymne „Leader Of The Pack" das Sample eines startenden Motorrads einbauten (bei Liveshows hatten sie sogar ein echtes Motorrad dabei!), war das noch eine ziemlich originelle Idee – oder kennt jemand ein früheres Beispiel? Wie auch immer, heute ist dies ein geradezu inflationär benutzter Effekt, jede harte Band hat irgendwelche Motorengeräusche auf Platte gebannt, allein der Name verpflichtet etwa die CARBURETORS, ihr Debüt so zu beginnen, und selbstredend fängt auch die neue Scheibe der V8 WANKERS mit einem satten Motorenröcheln an. Das ist fast ein bisschen enttäuschend, andererseits natürlich nur konsequent, wenn man seine Band schon nach einem ökologisch komplett unkorrekten, viel zu starken Achtzylindermotor benennt, der mit Vorliebe in dicken, chromverzierten Amischlitten seinen Dienst tut.
Auf die Erklärung des Wortes „Wanker" möchte ich hier verzichten. V8 reicht aus, um zu wissen, welche Route gewählt wird: „High Speed Rock'n'Roll" nennen es die Jungs aus Offenbach (ohne Scheiß), was an das selbstauferlegte Label „High Energy Rock'n'Roll" der HELLACOPTERS erinnert, und das hat seine Gründe. Was die HELLACOPTERS mit klassischem Rock'n'Roll gemacht haben, ihn nämlich dreckiger und vitaler zu spielen, das machen die V8 WANKERS mit dem Metal – sie subtrahieren Pathos, addieren Groove und kratzen dicke Schrammen in den einstmals glatten Stahl: Yieeehaaa!
Hier und da hat diesmal allerdings jemand – Tommy Newton nämlich, der auch schon HELLOWEEN produziert hat – versucht, die Karosserie mit Chrompolitur wieder zu glätten, was sich musikalisch in Echoeffekten und einer etwas zu ebenmäßigen Produktion äußert, worüber man allerdings geflissentlich hinweghören kann – bei „I'm The Kind Of Guy Who Gets Away With Murder" (schöner Titel, übrigens) führt das im Gegenteil sogar zu einem überraschenden Ergebnis, das Puristen wahrscheinlich nicht zu goutieren wissen werden. Getragen wird der Song nämlich von einem synthieartigen Backgroundchor, der schwer an die 80er erinnert und mir nach ersten (gewaltigen!) Irritationen nun im Gehörgang festsitzt. Experiment geglückt, Dachspoiler sitzt, und ich möchte endlich mit der Carrerabahn spielen, die ich nie hatte. Muss an IRON MAIDEN in der „Seventh Son Of A Seventh Son"-Phase denken. Schön. Was sonst so nachklingt, ist größtenteils räudig – im positiven Sinne. „Winner" etwa rockt nach dem doch eher öden Intro äußerst trocken los, nur um mit einer sauberen Tempoverschärfung in die Zielgerade zu gehen. Der Titeltrack des nun schon achten Longplayers der V8 WANKERS fällt dagegen wieder ein wenig aus der Rolle. Da wird das Verdeck aufgeklappt und entspannt über eine schnurgerade, staubige Wüstenstraße gecruist. Ich blicke nach oben und sehe LYNYRD SKYNYRD über mir kreisen.
Doch genug der Ausnahmen! Das Hauptaugenmerk liegt auf Vehikeln ohne Umweltplakette wie „You Hate Me (I'm So Glad)" – noch ein schöner Titel – oder „Ride The Rocket", klassische V8-Musclecars halt, die schön tief auf der Straße liegend ihren ureigenen Zweck erfüllen: Spaß machen, gedankenlos Benzin verblasen und ein bisschen zu sehr im Sonnenlicht „glitzern und glänzen wie eine Bordelltür" („Easy Rider"-Star Peter-Fonda als Jack Beauregard in „Mein Name ist Nobody"). Das Gegenprogramm zu E10. Mit diesem Metaphernoverkill gebe ich zurück zu Kai Ebel. Gentlemen, please start your engines.
(Steamhammer / SPV – VÖ 15.04.2011)