banda_bassotti_jpg_big.jpgEnergielevel meist über Hunderachtzig!

Berlin / 7.06.08 im Clash: Als ich im Clash ankam, sind BOIKOT gerade dabei, die Bühne zu entern. Das Wort „Vorgruppe“ kann gestrichen werden – sie sind genau so gut wie der Hauptact. Die Skapunk-Gruppe aus Spanien hat sich – so wie BANDA BASSOTTI – hymnische politische Parolen auf die (linke) Fahne geschrieben. Umgesetzt wird dies live mit 6 Musikern, davon zwei Bläser. Wie ich hörte, wollten BOIKOT unbedingt mit BANDA BASSOTTI zusammen auftreten – was thematisch wie auch musikalisch gut passt – zudem ... 

... beide Bands seit mehr als zwanzig Jahren on the road sind. Der mittlere Teil des langen aber kurzweiligen Gigs wird ohne die Bläser-Sektion bestritten und überzeugt nicht ganz so sehr wie das Davor und Danach, was aber nicht schlimm ist, denn das Energielevel darf auch kurz mal unter Hundertachtzig sein. Auf jeden Fall ist gut zu merken, wie viele verschiedene Elemente die Band in ihr Schaffen hinein bringt, schnelle Tempo- und Melodiewechsel inklusive. BOIKOT werden gut abgefeiert und die meisten Leute vor und auf der Bühne sind schon nach den ersten 15 Minuten schweißgetränkt. Wie sollen wir bis zum Ende des Hauptacts durchhalten?
 
So wie es mir häufiger mit südeuropäischen Ska/Punk-Bands geht: ich verstehe zwar nicht nur Bahnhof, aber häufig kaum mehr als „Antifacista“ oder „Liberta“. Wenn ich mehr von einem Text wissen, will frage ich anwesende bekannte Italiener oder Spanier (ganz selten auch mal Fremde, wie geschehen beim Kickern vor´m BANDA BASSOTTI Geheimgig im Tommyhaus) oder gucke mir zu Hause in Ruhe das Booklet an. Dort sind die Texte häufig in diversen Übersetzungen abgedruckt - bei BANDA BASSOTTI sogar ins Deutsche. Leicht holperig zwar, aber der Sinn erschließt sich und häufig sind solche Experimente sehr charmant. Daher weiß ich, dass es auf der letzten Platte eine Themenvielfalt gibt, die auf jeden Fall immer eins beinhaltet: den Kampf gegen Unterdrücker und Unterdrückung, gegen politische Korruption, die selten gute Macht des Kapitals, die Bedrohung von rechts (nicht nur in Italien oder Europa, sondern in der ganzen Welt, wie zum Beispiel Mexiko). Rauszuhören ist dies auch – vor allem beim letzten Album – bei der Musik, da BANDA BASSOTTI sich zwar dem Skapunk verschrieben haben (wobei mein Eindruck – vor allem bei den Live-Shows – mehr Richtung Punk geht) sie aber auch zum Beispiel mexikanische Musik integrieren.
 
Wie sie im WAHRSCHAUER Interview Ausgabe #56 erzählten, wollen BANDA BASSOTTI darüber hinaus aber das Feiern nicht vergessen. Und was sie darunter verstehen hat jede/r schon mal erlebt, der einen eindrucksvollen Gig der Band mitbekommen hat. In Berlin ist es stets so, das ein Großteil des Publikum aus angereisten und noch häufiger aus hier lebenden Italienern besteht, die während des Gigs völlig ausrasten, sämtliche Texte mitsingen und dabei die linke Faust recken und tanzen und feiern. BANDA BASSOTTI sind auf Platte „nur“ gut, aber als Live-Band eine Wucht.
 
Und ihre Fans sind ebenfalls eine Wucht. Beim heutigen Gig im Clash funktioniert das alles wieder mal sehr gut. Obwohl die Stimmung nicht immer so auf dem Höhepunkt ist, wie ich es bei anderen Gigs schon erlebt hatte. Kann sein, dass es an der späten Uhrzeit liegt. Mit BOIKOT haben sie eine wirklich starke Vorgruppe angeheuert, mir fällt aber auf, wie sich das Publikum zwischen den beiden Bands verändert: Es stehen plötzlich ganz andere Leute vor der Bühne, was mich etwas wundert. Alles in allem ist es ein sehr schöner, unterhaltsamer und teilweise euphorischer Abend.