„Ich kotz Dir in die Schuhe und dann wirst du ganzkörper-tätowiert!"
Berlin / 19.12.08 in der Columbiahalle: Neben dem Irrgarten, dem Botanischen Garten und dem etwas hippieesken Klanggarten zieht hoffentlich bald auch das Wort „Krachgarten“ in den Duden ein. Steht „unrockbar“ da eigentlich schon drin? Interessanterweise maunzt die automatische Rechtschreibkorrektur bei „unrockbar“ und ist bei „Krachgarten“ still. Einmal die andere Farin-Band erwähnen ist bestimmt verzeihlich, damit ist dieser Punkt abgearbeitet und wir können uns beruhigt dem tollen Ereignis Krachgarten zuwenden, der Punkt 20 Uhr vom FARIN URLAUB RACING TEAM geöffnet wird. Und zwar mit Gongschlägen. „Ach, jetzt kommt die Tagesschau“ denke ich und suche einen Sessel mit der Erwartung, gleich informiert zu werden was die Merkel oder der abgefeierte Neue drüben in den Staaten angestellt haben, ob die Mehrwertssteuer auf 69 % erhöht wird, ob der Regenwald über Nacht endlich komplett abgeholzt wurde oder ob es einen Bundestagsbeschluss gibt, allen Arbeitnehmern zur Ankurbelung der Wirtschaft eine Eigentumswohnung in Berlin-Mitte zu schenken.
Stattdessen fällt ein großer Vorhang und hebt sich gleich wieder ein gutes Stück in die Lüfte - die Technik hat das Ding wohl nichimgriff, was der kleine Mann im Ohr sogleich mit „Na wenn ditt keene Absicht is, wa?“ kommentiert. Er bekommt zur Antwort, das Berlinern sei sofort einzustellen. Zeitgleich erklingen die Riffs der ersten Nummer des neuen Albums „Die Wahrheit übers Lügen“, Der Song heißt übrigens „Nichimgriff“. Kannte mal gucken…
Die zwölfköpfige Band spielt nicht nur sehr gute Musik, sondern bietet zudem ein super Bild in schwarzer und roter Kleidung, Farin natürlich ganz in Schwarz inklusive seiner Gitarre und abgesehen vom Weil´s-in-den-Achtzigern-Mode-war-Blondschopf. Das Publikum jubelt und klatscht und tanzt vom ersten Moment an. Als weiterer Stimmungs-Anheizer folgt „Mehr“, der Opener vom zweiten Album. Anschließend gibt´s vier alte Songs, unter anderem das glücklich machende „Glücklich“ und den Ironie-Knüller „1000 Jahre schlechten Sex“, den ich in der U-Bahn zwischen Kottbusser Tor und Warschauer Strasse mal einem Bekannten vorgesungen habe, den ich loswerden wollte. Textzitat: „Ich kotz Dir in die Schuhe und dann wirst du ganzkörper-tätowiert. Mal sehen ob Dein Neuer Dich noch will, wenn auf Deiner Stirn steht: ´Born to kill´“. In Berlin reagiert allerdings nie jemand auf so etwas, die Leute sind Schlimmeres gewöhnt, und alle guckten apathisch vor sich hin oder in die Großbuchstaben-Zeitung.
Bei dem folgenden „Der ziemlich okaye Popsong“ fordert Farin-der-einzige-Meister-der-befehlen-darf (Fil und Madonna ausgenommen) von seinem Publikum die Wall of Death. Wer das noch nicht kennt: ein großer freier Kreis im Publikum wird gebildet, alle ziehen sich zurück, und in einem bestimmten Moment - wie der Beginn eines Refrains - stürzen alle in die leere Mitte. Das ist sehr lustig, und manchmal sieht das Ganze aus wie eine Horde dunkel gekleideter Rennmäuse beim Pogo-Poppen. Anschließend wird es ernster mit weniger lustigen Songs wie „Unsichtbar“, „Porzellan“ und „Lieber Staat“, bei dem das Publikum beim ersten Akkord losjubelt. Schön zu sehen, das der politische Song nach wie vor Hochkonjunktur hat. Mit der Akustik-Gitarre spielt Farin „Die Leiche“, wobei die Band Pause hat, gefolgt von „Atem“, einem ebenfalls rührenden Liebeslied von der neuen Scheibe. „Alle dasselbe“ fährt die Stimmung wieder rauf, die sich bei „Zehn“ dank den Hüpf- und Spring-Instruktionen des Diktator de Luxe ins Unermessliche steigert. Mit „Karten“ und dem grandiosen Bläser-Solo am Schluss des Liedes ist die Show vorbei. Erstmal.
Gibt´s diverse Zugaben? Aber Hallo! Zuerst kommt das rührende und wahrhaftige „Phänomenal egal“. Dann fällt der Vorhang - diesmal aber richtig. Dahinter werden viele große Trommeln auf die Bühne gestellt. „Jetzt kommt die Dancehall/Reggae-Area“ sagt mein Bekannter. Das stimmt so ungefähr, ein Song ist allerdings noch keine Area. Die Drums werden nach dem „Insel“-Song leider schon wieder von auf Handys telefonierenden und in Reih und Glied daher kommenden Männern von der Bühne getragen. Sie sehen ein bisschen aus wie die Grauen Herren aus dem Buch „Momo“. Bei einer weiteren Zugabe, der B-Seite „Wo ist das Problem?“, wird die Band vorgestellt und die Sängerinnen tanzen Can Can. Dieser schöne Song dauert normalerweise knapp zwei Minuten und wird live very extendend dargeboten. Das „Abschiedslied“ darf auch nicht fehlen. Der kleine Mann im Ohr: „You really love this song, don´t you?“ Der Konzert-Besucher: „Shut up!“ Es folgt eine weitere Version von „Zehn“ und als Super-Sonder-Berlin-Zulage (da ein Heimspiel für etliche Bandmitglieder) gibt´s „Wunderbar“. Berliner sind ostens wie westens aus der Prä-Wende-Zeit an Zulagen und Sonderbehandlungen gewöhnt, trotzdem jubeln sie jetzt janz knorke, bestimmt auch viel mehr als die ab und zu von Farin erwähnten Bielefelder, die es so schwer haben mit ihrer Stadt. Jetzt sind deren Einwohner auch noch Klatsch-Motivatoren, da sie ein viel dankbareres Publikum sind als die ollen Berliner, wenn ich es richtig verstanden habe. Es ist nicht so, dass in Berlin keiner klatscht. Nur geben sich die meisten Leute cool und sind total verwöhnt, weil in dieser Stadt ständig tagsüber wie nächstens Karneval in Rio ist. Wie auch im nächsten Sommer, denn dann findet ein Open Air-Konzert vom FARIN URLAUB RACING TEAM in der Wuhlheide statt. Farin zu den Besuchern: „Wenn jeder von Euch fünf Freunde mitbringt, dann wird sie voll!“
Ich hoff mal, alle Konzertbesucher haben fünf Freunde. Jetzt könnte eine Publikumsbeschimpfung starten: „Ey, Ihr Luschen, Ihr habt doch NIEMALS fünf Freunde…!“ aber das ist als Artikelschluss zu riskant. Stattdessen hoffe und glaube ich, das die Fans alle viel mehr als fünf Freunde haben, denen sie erzählen können, wie gut das fast zweieinhalbstündige Konzert in der Columbiahalle war, und wie toll wird es dann erst als Open Air im Sommer, etc... auf dass dann eine super Party steigt. Der kleine Mann im Ohr ist bis dahin unter dem neuen Tomatenbeet im Hinterhof begraben, und vielleicht spielen Farin und das RACING TEAM noch mehr Lieder mit den Trommeln. Das wird schön...!
Berlin / 19.12.08 in der Columbiahalle: Neben dem Irrgarten, dem Botanischen Garten und dem etwas hippieesken Klanggarten zieht hoffentlich bald auch das Wort „Krachgarten“ in den Duden ein. Steht „unrockbar“ da eigentlich schon drin? Interessanterweise maunzt die automatische Rechtschreibkorrektur bei „unrockbar“ und ist bei „Krachgarten“ still.
Stattdessen fällt ein großer Vorhang und hebt sich gleich wieder ein gutes Stück in die Lüfte - die Technik hat das Ding wohl nichimgriff, was der kleine Mann im Ohr sogleich mit „Na wenn ditt keene Absicht is, wa?“ kommentiert. Er bekommt zur Antwort, das Berlinern sei sofort einzustellen. Zeitgleich erklingen die Riffs der ersten Nummer des neuen Albums „Die Wahrheit übers Lügen“, Der Song heißt übrigens „Nichimgriff“. Kannte mal gucken…
Gibt´s diverse Zugaben? Aber Hallo! Zuerst kommt das rührende und wahrhaftige „Phänomenal egal“. Dann fällt der Vorhang - diesmal aber richtig. Dahinter werden viele große Trommeln auf die Bühne gestellt. „Jetzt kommt die Dancehall/Reggae-Area“ sagt mein Bekannter. Das stimmt so ungefähr, ein Song ist allerdings noch keine Area. Die Drums werden nach dem „Insel“-Song leider schon wieder von auf Handys telefonierenden und in Reih und Glied daher kommenden Männern von der Bühne getragen. Sie sehen ein bisschen aus wie die Grauen Herren aus dem Buch „Momo“. Bei einer weiteren Zugabe, der B-Seite „Wo ist das Problem?“, wird die Band vorgestellt und die Sängerinnen tanzen Can Can. Dieser schöne Song dauert normalerweise knapp zwei Minuten und wird live very extendend dargeboten. Das „Abschiedslied“ darf auch nicht fehlen. Der kleine Mann im Ohr: „You really love this song, don´t you?“ Der Konzert-Besucher: „Shut up!“ Es folgt eine weitere Version von „Zehn“ und als Super-Sonder-Berlin-Zulage (da ein Heimspiel für etliche Bandmitglieder) gibt´s „Wunderbar“. Berliner sind ostens wie westens aus der Prä-Wende-Zeit an Zulagen und Sonderbehandlungen gewöhnt, trotzdem jubeln sie jetzt janz knorke, bestimmt auch viel mehr als die ab und zu von Farin erwähnten Bielefelder, die es so schwer haben mit ihrer Stadt. Jetzt sind deren Einwohner auch noch Klatsch-Motivatoren, da sie ein viel dankbareres Publikum sind als die ollen Berliner, wenn ich es richtig verstanden habe. Es ist nicht so, dass in Berlin keiner klatscht. Nur geben sich die meisten Leute cool und sind total verwöhnt, weil in dieser Stadt ständig tagsüber wie nächstens Karneval in Rio ist. Wie auch im nächsten Sommer, denn dann findet ein Open Air-Konzert vom FARIN URLAUB RACING TEAM in der Wuhlheide statt. Farin zu den Besuchern: „Wenn jeder von Euch fünf Freunde mitbringt, dann wird sie voll!“
Ich hoff mal, alle Konzertbesucher haben fünf Freunde. Jetzt könnte eine Publikumsbeschimpfung starten: „Ey, Ihr Luschen, Ihr habt doch NIEMALS fünf Freunde…!“ aber das ist als Artikelschluss zu riskant. Stattdessen hoffe und glaube ich, das die Fans alle viel mehr als fünf Freunde haben, denen sie erzählen können, wie gut das fast zweieinhalbstündige Konzert in der Columbiahalle war, und wie toll wird es dann erst als Open Air im Sommer, etc... auf dass dann eine super Party steigt. Der kleine Mann im Ohr ist bis dahin unter dem neuen Tomatenbeet im Hinterhof begraben, und vielleicht spielen Farin und das RACING TEAM noch mehr Lieder mit den Trommeln. Das wird schön...!