schlachtrufe_8.jpgSchlachtrufe BRD Tour!


Berlin / 14.02.2009 im SO36:
Der Beginn war auf 20.00 Uhr festgesetzt. Als wir gegen 20.45 Uhr ankamen, war eine Supportband (deren Namen vor Ort nicht rauszubekommen war) fast schon zu Ende. Sie klang nicht schlecht: Abwechslungs- reicher Deutschpunk, der mit zwei Gitarren und dem ehemaligen Sänger der Berliner Band OTP gut Druck machte. So schlecht fing der Abend also schon mal nicht an.

Als das Saallicht für den Umbau wieder anging, sah man jedoch, dass der Abend für manche schon gelaufen war. An den Seiten des Saals lagen mehrere Alkoholleichen in komisch verkrümmten Positionen. Eine frische Kotzlache war auch zu sehen. Es war noch nicht mal um Neun und einige Besucher hatten sich für die Nacht schon abgeschossen. Musste das denn sein? Ich will hier jetzt nix gegen Komasaufen sagen, aber als ich mit 14 auf Konzerte ging, habe ich nicht so früh schon so viel intus gehabt. Und warum gebe ich 15 € aus, wenn ich sowieso nur einen warmen Platz brauche? Da kann ich mich auch in die U-Bahn setzen. Seltsam. Wenn das die Zukunft des Deutschpunk ist, dann ist von den alten Idealen nix mehr übrig. Wenn der Club jetzt voll gewesen wäre, würde ich mich gar nicht so wundern, aber das SO36 war maximal halbvoll.

Die zweite Band, die die Bühne betrat, war MISSBRAUCH. Ihr melodiöser, teilweise poppiger, aber immer eingängiger Deutschpunk mit Tiefgang und Aussage gefiel. Das meist jugendliche Publikum pogte vorne (oder versuchte es - denn durch den Alkohol war bei einigen Feierwütigen das Koordinationsvermögen ziemlich eingeschränkt). Dass man bei MISSBRAUCH das Tanzbein schwingen will, kann ich gut nachvollziehen. Auch mich rissen sie mit. Mit Bands wie MISSBRAUCH sieht es um die Zukunft des Deutschpunk nicht schlecht aus.

Foto: Kafkas (Frank Bauchspieß)
kafkas4k.jpgAls nächstes spielten DIE KAFKAS. Sie trugen übergroße Perücken. Die ersten Songs waren nicht wirklich schlecht, kamen aber an die Qualität von MISSBRAUCH nicht ran. Als die Band dann eine Polonaise durch den Saal durchführen wollte, flüchtete ich.

Mit ALARMSIGNAL stand als nächste Band eine Kapelle auf der Bühne, die sich in der Szene mittlerweile einen großen Namen gemacht hat. Sie zeigten vom ersten Ton an, was sie drauf haben. Und das war nicht wenig. Sie erinnerten musikalisch an MISSBRAUCH, waren aber deutlich besser und mitreißender. Textlich boten sie noch mehr politisches und soziales Engagement, ohne dabei jedoch klischeehaft oder stumpf zu klingen. Auch wenn diese Wörter inflationär verwandt werden, so wird es dieser Band aus Celle doch gerecht. Die Stimmung war etwas ruhiger vor der Bühne, was aber auch daran lag, dass viele junge Besucher den Saal verließen und somit nur älteres Publikum übrig blieb. So wurde zwar nicht mehr volltrunken durch den Saal gepogt, aber dennoch wurde die Combo gut gefeiert. ALARMSIGNAL haben diese Beachtung auch verdient.

Als vorletzte Band betraten SS-KALIERT die Bühne. Obwohl sie mit ihrem Hardcore-Punk sicher für eine Deutschpunktour zu hart sind, wurden sie trotzdem freundlich empfangen. Leider war der Sound nicht der beste, so dass der Gesang kaum zu verstehen war. Die Texte von SS-KALIERT sind jedoch absolut hörenswert, sind sie doch sehr konkret, aufrüttelnd, provozierend und wahr. Sie gaben gut Gas. Im Tommy-Haus bei ihrem letzten Konzert in Berlin waren sie aber besser, aber dort war auch das Publikum passender.

Die letzte Band, und sozusagen Headliner des Abends, war RASTA KNAST. Nachdem sie mir in letzter Zeit nicht mehr so gut gefallen hatten, konnte mich ihre neue EP wieder begeistern. Ich freute mich auf den Auftritt.  RASTA KNAST haben mit “Bandera Pirata“ oder mit dem kongenialen “Die Katze beißt in Draht“ vor einigen Jahren zu den Speerspitzen des deutschsprachigen, schnellen und melodiösen Punkrock gehört. Was RASTA KNAST dann auf der Bühne bot, kam den alten Zeiten schon sehr nahe. Die Stimmung stieg bei diesem letzten Höhepunkt des Abends nochmals an. Die Songs wurden lautstark mitgesungen und ausgiebig getanzt. Die Songs klangen fast wie früher. Melodie und Gesang harmonierten großartig. Hoffentlich ist diese Besetzung diesmal von Dauer. Die neuen Songs der neuen EP wurden ebenfalls gespielt, so dass hier für alte und neue RASTA KNAST – Fans alles dabei war. Natürlich durfte auch der charmante (und doch hoffnungslose) Song “Ost Berlin“ nicht fehlen.

TIPS:
Interviewstorys + Songs im WAHRSCHAUER #57 von RASTA KNAST, DIE KAFKAS, SS-KALIERT.
Interviewstory + Song von MISSBRAUCH Ausgabe #54