Der Hesse babbelt viel zu schnell!
Henni Nachtsheim, vom hessischen Comedyduo BADESALZ, hat sich für den WAHRSCHAUER über die Politik seines Heimatlandes Gedanken gemacht.
Wahrschauer: Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, muss ich von dir, der ja mit dem Hessischen Rundfunk groß geworden ist, wissen, was jetzt aus HR 3 wird. Alle
schönen Sendungen, die noch mit Musik abseits des Mainstream arbeiteten und längere Wortbeiträge hatten, werden ausgelagert oder abgesetzt. Henni Nachtsheim: Es ist sehr schade, dass dies passiert, aber der Sender empfindet das als rettende Lösung, weil die Zuhörer weglaufen. Die Chance für den öffentlich-rechtlichen HR ist verpasst, die Wortbeiträge auszubauen und mehrere nicht alltägliche Sendungen zu bringen. Es fehlt der Mut für eine Erneuerung, man wird halt noch mehr COLDPLAY hören. Alles endet in einem formatierten Quark mit Weghörmusik.W: BADESALZ steckt irgendwie mitten in einem lächerlichen Wahlkampf. Kann man überhaupt über die SPD Hessen Späße machen? Oder ist alles ein großer Witz, bei dem es keine Pointe gibt?
HN: Im Wahlkampf stecken wir nicht mit drin, wir gucken nur zu. Der Hesse hat gegenüber den anderen Bundesländern Minderwertigkeitskomplexe, weil es das einzige Bundesland ist ohne freien Zugang zum Meer. In Hessen sind ja auch zuerst die Wölfe ausgestorben, weil sie sich alle selbst zerfleischt haben. In dieser Tradition stehen die Sozialdemokraten, die sich schon zu Zeiten der Neandertaler ordentlich die Fresse einschlugen. Zum dümmsten Zeitpunkt greift die SPD auf eine zweifelhafte Tradition zurück und zerlegt sich selbst in kleine Teile.
W: Bekommst Du von dem Gezeter um Koch, der Frau Ypsilanti und dem Gümpel immer das Neueste mit?
HN: Zu diesem Thema steht ständig etwas in den Zeitungen. Wenn man dann noch Schäfer-Gümpel sieht, kann man nur rufen: Der nicht! S-G hat keine Ausstrahlung und außerdem ein fliehendes (!) Kinn. Frau Ypsilanti war hier in Hessen die Heilsbringerin, die endlich den Koch ablösen sollte. Die SPD wird nun mit dem schlimmsten Debakel aller Zeiten grandios scheitern.
W: Hat Frau Yps den einzig richtigen Schritt gemacht? Nach der Lüge kommt die Lüge, denn auf ihrer Internetseite steht: Die Frau, deren Energie jeden Tag erneuerbar ist. Für eine erneute Kandidatur hat es nun nicht mehr gereicht.
HN: Sie hätte einfach vor der Wahl die Klappe halten und nichts von den Linken erzählen sollen. Ein Satz hätte genügt: Wir wollen in dieser Richtung entscheiden, wenn es soweit ist. Ihre Themen, wie: Abschaltung der Kernkraftwerke, Reformierung der Schulpolitik und Ablösung von Roland Koch waren richtig und hätten dicke gereicht für einen Wahlsieg. Sie musste aber die Zusammenarbeit mit den Linken thematisieren. Der Hesse babbelt eben viel zu schnell. Und mit der erneuerbaren Energie: Na, hoffentlich arbeitet sie hier nicht heimlich mit den Atomkraftwerkbetreibern zusammen, die sie immer mal ans Netz anschließen.
W: Was fällt Dir zu Thorsten Schäfer-Gümpel ein? Außer, dass er FC Bayern München Fan ist.
HN: Ich weiß nur, dass wir Jungs wie den regelmäßig auf dem Schulhof verprügelt, das Taschengeld erpresst und ordentlich schikaniert haben. Und das mit Bayern war taktisch nicht klug. Bayern ist hier in Frankfurt das Feindbild Nummer Eins, denn Kickers Offenbach ist sportlich zu weit weg und Mainz 05 hat keine große Ausstrahlung. Man schaut als Fan etwas neidisch auf den Münchner Klub und ist froh, wenn die Eintracht denen schaden kann. Wer hessischer Ministerpräsident werden will, darf kein Bayern München Fan sein. Blöder geht es gar nicht.
W: Verstehst Du das Problem mit den so genannten Abweichlern Tesch, Everts und Jürgen Walter?
HN: Das ist einfach eklig. Man kann doch nicht im Vorfeld für Frau Ypsilanti stimmen und dann plötzlich nicht mehr wollen. Sie haben die eigene Partei, die eigene Ideologie, verraten und werden der SPD auch Deutschland weit noch Schaden zufügen. Einfach widerlich, wie diese Leute ihr Gewissen verschoben haben. Das ist nicht nachvollziehbar und entschuldbar. Wenn dann noch einer kommt und von den „Aufrechten Vier“ spricht, muss ich einfach nur kotzen. Für die Profilierung in der „Bild“ wurde Brudermord begangen.
W: Wie wird die Wahl ausgehen?
HN: Das geht auf Schwarz-gelb hinaus. Ehemalige SPD-Wähler werden sagen: Ihr habt einen Knall, ich will einfach nur, dass Politik gemacht wird und langsam Ruhe herrscht. In meinem Bekanntenkreis geht die Tendenz dahin, dass man grün wählt, damit eine gut aufgestellte Partei in der Opposition ist. Am Ende wird sich Roland Koch schwer ins Fäustchen lachen, zumal er jetzt plötzlich die Themen der Grünen aufgreift.
W: Von den hessischen Grünen hört man nicht viel. Es gibt einen neuen Vorsitzenden mit einem schwierigen Namen: Tarek Al Wazir.
HN: Wichtig ist, dass man die Grünen hier in Hessen wahr nimmt und dass sie hessische Themen aufgreifen.
W: Bis nach Weihnachten auf eine Plakatierung verzichten. Ist es nicht herrlich? Erst zum Jahreswechsel wird zurück geschossen.
HN: Wir wurden mit Plakaten schon genug gequält. Wie alle Hessen wissen, isst das Auge mit. Den Weihnachtsbraten will sich keiner verderben lassen. Es kam schon vor, dass ich irgendwelche Zombieträume hatte, in denen Anzugträger auf mich zu kamen und die Hände zum Würgegriff ausstreckten. Später merkte ich, dass ich die alle auf den Plakaten gesehen hatte. Bevor man die Bevölkerung weiter mit diesen schrecklichen Doppelkinnträgern, den furchtbaren Brillen und dem schlecht aufgesetzten Lächeln traumatisiert, sollten die Parteien ein Einsehen haben und auf die Plakatierung ganz verzichten.
W: Wen soll der Hesse nun wählen?
HN: Die Grünen. Wer die SPD wählt, meint auch, dass ihm bei einem Sprung aus dem 4. Stock nichts passiert. Dieser Mensch (Gümpel) glaubt doch nicht im Ernst daran, dass er nur einen Hauch von Chance hat, Ministerpräsident von Hessen zu werden. Wenn das Glück uns hold ist und die FDP sich nicht richtig durchsetzt, zumal die auch einen schrecklichen Kandidaten haben, könnten die Grünen in der Regierung mitmischen und manch dumme Idee verhindern. Die SPD und Frau Ypsilanti waren unsere Hoffnung, die grandios gescheitert ist. Die neue Hoffnung von mir, meinen Freunden, meinem ganzen Umfeld ist jetzt eine kleine Hoffnung: Die Grünen. [Na dann viel Spaß; Der Online-Redakteur]
Info: Badesalz on Tour: 27.11. Remchingen, 28.11. Tuttlingen, 29.11. Lörbach, 6.12. Soest, 8.3.2009 Offenbach.