Yeah yeah und nochmals yeah!
Berlin / 10.2.10: Das Schweizer Indierock-Sechstett, das seit Anfang der 90er seine üppigen Hits produziert, ist mit seiner 7. Langspielplatte wieder oben auf und spielt uns Lieder von da unten, immer noch mit dem erhabenen Gefühl von charmant daneben.
Bei dem Cover möge man zunächst nach zeit- und altersgemäßer Relevanz fragen: Sechs alte Häuser sind um ein Auto herum aufgebaut, um es nach alter Schule zu knacken. Knack. So öffnet man den CD- Spieler und ein Bier und los geht die Fahrt: Tadadadammm! "Hey hallo Leidenschaft - ich warte hier Tag und Nacht darauf, dass Du endlich reinkommst!" Diese rohe Ehrlichkeit macht froh.
GUZ, der unter jenem Pseudonym bestimmt genauso viele Alben gemacht hat, kann man nur lieben für seine herrlich nölige Sangesart, mit der er gern die großen Themen Liebe und Kapitalismus unter ein und dasselbe Dach und Fach bringt. Da wimmelt es von gebrochenen Psychogrammen, die mitunter nur an Geld und Sex denken und das Herz gern gänzlich anderen überlassen. Seine Texte erinnern auch an frühere Themen, mit dem Unterschied, dass es jetzt alles in praktizierterer Form rüberkommt. Jetzt stehen handfeste Charaktere hinter den Alltagsbeobachtungen und es ist schön, nicht auf dem Teller serviert zu bekommen, ob sie sympathisch authentisch sind oder nicht. Dass diese Stellen offen bleiben, macht die Sache kitzelig provokant. Roger, Sänger No.2, ist für die luftig schmachtenden Liebeslieder verantwortlich, die hier zum einen auf französisch, als auch zum ersten Mal auf schwiezerdütsch erscheinen.
Dramaturgisch stilistisch begibt man sich auf eine gut arrangierte, wilde Rutschfahrt mit integrierter Kalt-Warm-Dusche für Gesäß und Beine. Wir hören Rock´n´Roll ("Feuer der Liebe", "Hahaha", "Isabelle", "Maximum Future Investment") und fast auch schon Rockabilly ("Herz") unter lustigen wie frustigen Liebesliedern. Wir hören Punkrock ("Schatten"). Wir hören bläserdominierende Songs und Instrumentalstücke ("Ehrenbär", "Immer Dasselbe", "Ambiance Scandale"), die lustigerweise teils fast schon an eine Latenight-Backing-Band oder an Sitcom-Musik wie Seinfeld erinnern, nur dass die Hauptakteure Die Errornauten sind: "Prekär in der Schweiz" fänd ich als Arbeitstitel schlicht nicht schlecht. Wir hören sogar eine Art dreckigen Housetrack, der in seiner Art doch überhaupt nicht "The Whitest Boy Alive" ist und ansonsten mit nur einem Satz alles Treiben zusammenfasst: "Nähe herstellen" ist einbaubar in ein House-DJ-Set. Wir hören von Träumen, Stress, die Langeweile und Genervtheit, vom Sieg über den Zynismus, dass man alles nicht nur einmal schon gesehen hat und dass man nun ohne Angst seinen Weg heimsucht in ein schönes Morgen am "Ende der Nacht". Wir hören eine aufregende Platte. Und dann ist es soweit. Der "Lärm und Stress" verstummt, die Türen schließen und der Luftzug pfeift zur Abfahrt. Sch-sch-sch-sch. Eine alte Lokomotive mit Flügeln erhebt sich in die Nacht. Im roten samtverkleideten Speisewagen sitzen Guz und seine Kumpels, trinken und schauen ab und zu verträumt durch die Fenster hinab zur Erde. Um Himmels willen, Aeronauten! What a feeling! Als wäre die ganze Platte nur für diesen Song aufgebaut. Zum Heulen schön und bei mancher Härte härtester Effekt. Nehmt mich mit! ("Marvin")
TIPP: Interviewstory geplant für Ausgabe #59!
Berlin / 10.2.10: Das Schweizer Indierock-Sechstett, das seit Anfang der 90er seine üppigen Hits produziert, ist mit seiner 7. Langspielplatte wieder oben auf und spielt uns Lieder von da unten, immer noch mit dem erhabenen Gefühl von charmant daneben.
Bei dem Cover möge man zunächst nach zeit- und altersgemäßer Relevanz fragen: Sechs alte Häuser sind um ein Auto herum aufgebaut, um es nach alter Schule zu knacken. Knack. So öffnet man den CD- Spieler und ein Bier und los geht die Fahrt: Tadadadammm! "Hey hallo Leidenschaft - ich warte hier Tag und Nacht darauf, dass Du endlich reinkommst!" Diese rohe Ehrlichkeit macht froh.
GUZ, der unter jenem Pseudonym bestimmt genauso viele Alben gemacht hat, kann man nur lieben für seine herrlich nölige Sangesart, mit der er gern die großen Themen Liebe und Kapitalismus unter ein und dasselbe Dach und Fach bringt. Da wimmelt es von gebrochenen Psychogrammen, die mitunter nur an Geld und Sex denken und das Herz gern gänzlich anderen überlassen. Seine Texte erinnern auch an frühere Themen, mit dem Unterschied, dass es jetzt alles in praktizierterer Form rüberkommt. Jetzt stehen handfeste Charaktere hinter den Alltagsbeobachtungen und es ist schön, nicht auf dem Teller serviert zu bekommen, ob sie sympathisch authentisch sind oder nicht. Dass diese Stellen offen bleiben, macht die Sache kitzelig provokant. Roger, Sänger No.2, ist für die luftig schmachtenden Liebeslieder verantwortlich, die hier zum einen auf französisch, als auch zum ersten Mal auf schwiezerdütsch erscheinen.
Dramaturgisch stilistisch begibt man sich auf eine gut arrangierte, wilde Rutschfahrt mit integrierter Kalt-Warm-Dusche für Gesäß und Beine. Wir hören Rock´n´Roll ("Feuer der Liebe", "Hahaha", "Isabelle", "Maximum Future Investment") und fast auch schon Rockabilly ("Herz") unter lustigen wie frustigen Liebesliedern. Wir hören Punkrock ("Schatten"). Wir hören bläserdominierende Songs und Instrumentalstücke ("Ehrenbär", "Immer Dasselbe", "Ambiance Scandale"), die lustigerweise teils fast schon an eine Latenight-Backing-Band oder an Sitcom-Musik wie Seinfeld erinnern, nur dass die Hauptakteure Die Errornauten sind: "Prekär in der Schweiz" fänd ich als Arbeitstitel schlicht nicht schlecht. Wir hören sogar eine Art dreckigen Housetrack, der in seiner Art doch überhaupt nicht "The Whitest Boy Alive" ist und ansonsten mit nur einem Satz alles Treiben zusammenfasst: "Nähe herstellen" ist einbaubar in ein House-DJ-Set. Wir hören von Träumen, Stress, die Langeweile und Genervtheit, vom Sieg über den Zynismus, dass man alles nicht nur einmal schon gesehen hat und dass man nun ohne Angst seinen Weg heimsucht in ein schönes Morgen am "Ende der Nacht". Wir hören eine aufregende Platte. Und dann ist es soweit. Der "Lärm und Stress" verstummt, die Türen schließen und der Luftzug pfeift zur Abfahrt. Sch-sch-sch-sch. Eine alte Lokomotive mit Flügeln erhebt sich in die Nacht. Im roten samtverkleideten Speisewagen sitzen Guz und seine Kumpels, trinken und schauen ab und zu verträumt durch die Fenster hinab zur Erde. Um Himmels willen, Aeronauten! What a feeling! Als wäre die ganze Platte nur für diesen Song aufgebaut. Zum Heulen schön und bei mancher Härte härtester Effekt. Nehmt mich mit! ("Marvin")
TIPP: Interviewstory geplant für Ausgabe #59!