palermo_shooting.jpgDer Tod als sinnstiftende Referenz des Lebens!
 
Berlin / 18.10.2008: Der Titel des Films könnte auch zu einem Roadmovie passen, so wie „Paris Texas“, mit dem Wenders seinen internationalen Durchbruch schaffte. Mit ihm gewann er 1984 die goldene Palme in Cannes. Dieses Jahr im Mai erntete die Premiere von „Palermo Shooting“ dort vom Fachpublikum nur Unverständnis, Gelächter und Buhrufe. Am Rande wurde auch
Campino kritisiert, den viele in seiner ersten ernsthaften Kinorolle als Hauptdarsteller überfordert sahen. Er spielt den erfolgreichen Fotografen Finn, der in eine Sinnkrise gerät. Sein Leben wird durch die Routine des Alltags zu einem Tunnel. Die gefühlte Zeit rast, ohne besondere Erlebnisse zu hinterlassen. Außerdem ist gerade seine Mutter gestorben, der Job birgt keine Herausforderungen mehr, die Jugend ist Vergangenheit und die Beziehung gerade in die Brüche gegangen. Die Kritik an Campinos schauspielerischer Leistung ist wohl ein Missverständnis. Der Rahmen mag fiktiv sein, aber die Figur spielt er nicht, sondern er ist sie selbst. Es erfordert nicht viel Fantasie, die Rolle des erfolgreichen Fotografen mit dem des erfolgreichen Sängers bei den TOTEN HOSEN zu vergleichen. Hat man außerdem ein wenig die Veröffentlichungen der Band aus den letzten Jahren im Kopf, dann findet man schnell diese These bestätigt. Songs wie „Was zählt“ oder „Nur zu Besuch“ haben viel mit dem Thema dieses Films zu tun. Nur so machte es Sinn, die „Rolle“ des Finn mit dem Laienschauspieler Campino zu besetzen. Aus diesem Blickwinkel gewinnt der Palermo Shooting so etwas wie Authentizität.
 
Der zweite große Vorwurf an den Film, mit dem Wenders seit 15 Jahren wieder eine Produktion in Europa gemacht hat, ist seine Ernsthaftigkeit und die prätentiösen (anspruchsvollen und selbstgefälligen) Dialoge. Das stimmt. Der Streifen ist bis auf die schön eingefangenen Bilder in Palermo kein großes Kino, dafür aber großes Theater. By the way: Das Katz und Mausspiel in der italienischen Stadt zwischen Dennis Hopper und Campino hat mich ein wenig an den unübertroffenen Klassiker „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ erinnert. Wegen des ernsthaften Themas kann ich Palermo Shooting keinen Vorwurf machen. Auf mich hat der Dialog zwischen Campino und dem Tod (Dennis Hopper) jedenfalls eher anregend als einschläfernd gewirkt. Natürlich hat der Film keine neue Erkenntnisse über Leben, Zeit, Tod und Liebe gebracht, die Auseinandersetzung mit diesen fundamentalen Themen kann jedoch interessant sein, wenn man sich darauf einlassen will.
 
(Senator Film – Kinostart 20.11.2008)
 
Teaser & Trailer