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Nazis morden und StaatMit Richter Götzl hat das NSU-Verfahren nicht das große Los gezogen!

Der Prozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund beginnt nun endlich. Aber dank dem Losverfahren von Richter Götzl wird vom Prozess gegen Nazi-Braut Zschäpe die Frauenzeitschrift BRIGITTE berichten. Vielleicht darüber, ob Zschäpe neuste Styling-Trends für Nazi-Frauen setzt. Überregionale Tageszeitungen, wie z.B. die SÜDDEUTSCHE, dagegen

haben keinen Platz im Gerichtssaal bekommen. Was wie eine billige Retourkutsche eines Richters wirkt, der darüber beleidigt ist, dass einige Medien sein nicht chancengleiches und damit diskriminierendes erstes Auswahlverfahren vom Bundesverfassungsgericht kippen ließen. Dem öffentlichen Interesse an der größten rechtsextremen Mordserie seit dem Krieg, in der die Verwicklung staatlicher Behörden, insbesondere der Geheimdienste, zu klären ist, wird diese Farce nicht gerecht. Oder wie es ein Journalist von der FAZ in einem offenen Brief an Richter Götzl ausdrückte: „Öffentlichkeit in einem Verfahren, in dem ergründet werden muss, warum die deutsche Geschichte in ihrer schlimmsten Verirrung, dem mörderischen Rassenhass, nicht vergehen will, kann nicht aus Musiksendern, Frauenzeitschriften und den Websites von Anzeigenblättern bestehen. Wir hören gerne RADIO CHARIVARI - Münchens Hitradio - im Freibad. Wir blättern gerne auf dem Sofa in der BRIGITTE, der ‚klassischen Frauenzeitschrift‘, die damit wirbt, ‚kompetent und gründlich bei Themen wie Mode, Schönheit, Wellness und Kochen, Wohnen und Reise‘ zu sein. Wir lesen auch gerne bei HALLO MÜNCHEN, wie es um Balkonkästen und nörgelnde Nachbarn bestellt ist. Aber soll das die Öffentlichkeit sein in einem Verfahren von nationaler und internationaler Bedeutung? (...) Es schmerzt, sehr geehrter Herr Götzl, einem hohen Richter sagen zu müssen, was es für die Rechtskultur bedeutet, dass sich die Öffentlichkeit aus einem pluralen überregionalen Zeitungsangebot informieren kann.“

Die Bedeutung dieses Verfahrens hat auch deshalb zugenommen, weil die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse (erwartungsgemäß) keine Aufklärung, sondern noch mehr Fragen aufgeworfen haben.  Besonders die Angehörigen der zehn Opfer wollen aber wissen, was hinter der angeblichen Pleiten-Pech-und-Pannen-Serie der „Sicherheitsbehörden“ steckt, die jedes vernünftige Vorstellungsvermögen sprengt (Der WAHRSCHAUER berichtete ausführlich in der Ausgabe #61). Türkische Medien, die nach dem ersten Auswahlverfahren keine Plätze zugesprochen bekommen hatten, formulieren dieses Interesse am klarsten: "Nach Ansicht von Erdal Safak, dem Chefredakteur der SABAH, agierte der NSU ebenfalls mit Unterstützung staatlicher Stellen." Und in der türkischen Zeitung STAR heißt es: „Die ganze Türkei und alle in Deutschland lebenden Türken beobachten den NSU-Fall genau. Sie wollen, dass nicht nur den Mördern der Prozess gemacht wird, sondern auch dem Rassismus in Deutschland. Bundeskanzlerin Merkel betont, der deutsche Staat werde alles tun, damit die Mörder bestraft werden. Doch das klingt wenig glaubhaft. Denn Merkel selbst und ihre christdemokratische Partei zeigen wenig Sympathie für die Türken in Deutschland. Der Rassismus ist im Land allgegenwärtig.“ (FAZ, 7.5.2013)

Deutsche Massenmedien verdrängen die Verwicklungen der staatlichen Behörden und die Rolle des strukturellen Rassismus dagegen gerne. SPIEGEL-Online bringt es aktuell sogar fertig, in seiner interaktiven Zusammenfassung zum Prozessauftakt „Wie die Terrorzelle entstand und unterging“ die zweifelhafte Rolle der Ermittlungsbehörden und Geheimdienste mit keinem Wort zu erwähnen.

Viele Medienvertreter waren von dem selbstbewußten Auftreten von Zschäpe am ersten Verhandlungstag überrascht. Aber vielleicht tritt jemand genau so auf, wenn er das Wissen hat, dass die begangenen Taten von Teilen der staatlichen Behörden gedeckt und damit unterstützt wurden.

 

Wenn man sich einer Erklärung für das Verhalten von Teilen der staatlichen Sicherheitsbehörden in der NSU-Mordfallserie nähern will, sollte man sich nächsten WAHRSCHAUER besorgen! ;-) Wir werden die Geschichte von hinten aufzurollen, indem wir den völkischen Rassismus als Ideologie der SS-, SD- und  Geheimdienstleute aus der NS-Zeit und ihre kontinuierliche Weiterarbeit in der BRD beleuchten und berichten, worüber andere kein Wort verlieren. Unsere Recherchen werfen die Frage auf, ob eine Kontinuität der Zusammenarbeit zwischen Nazis und Teilen des Geheimdienstes bis heute besteht?

 

Siehe auch weitere Artikel online:

Deutsche Behörden sind Teil des Naziproblems 

Verfassungsschutz und Nazi-Mordkommando – Teil 2

Verfassungsschutz und Nazi-Mordkommando - Teil 1