Von außen wirkt das Haus der Demokratie und Menschenrechte in der Greifswalder Straße in Berlin nicht sehr spektakulär. Eine orangene Fahne mit dem Namen des Hauses weht im Wind und ein Transparent verkündet: „Keine Revolution ist auch keine Lösung!“. Um so interessanter ist hingegen die Geschichte jenes Hauses, die im Herbst 1989 in der Berliner Friedrichstraße Nr. 165 begann – und an die am Haus eine Gedenktafel erinnert.
Zunächst beherbergte es eine Bierbrauerei und ein Panoptikum. Die später dort residierende Kreisverwaltung der SED überließ ihre Räume dann den sich damals formierenden Oppositionsbewegungen. Das Neue Forum, der Demokratische Aufbruch, die Grüne Liga, die Vereinigte Linke und der Unabhängige Frauenverband, um nur ein paar zu nennen, zogen in jene faktisch besetzten Räumlichkeiten. Es war damals ein großer Qualitätssprung für die Bedingungen oppositioneller Arbeit in der DDR. Zuvor fanden Treffen in Privaträumen am Küchentisch oder in kirchlichen Einrichtungen statt - nun bekam man endlich eigene Räume, um zu arbeiten und auch eine entsprechende Infrastruktur hierfür. Zu der damals heißersehnten Infrastruktur gehörten Faxgeräte, Computer und Kopierer. Die Verhandlungen bezüglich der Überlassung der Räumlichkeiten führte damals übrigens ein Anwalt namens Dr. Gregor Gysi…..
Die Mischung der vertretenden Gruppen im Haus war von Anfang an sehr bunt gefächert – und bildet das breite Spektrum Neuer Sozialer Bewegungen ab – sowohl inhaltlich als auch politisch. Einige der frühen Organisationen erlagen der Versuchung der Parteipolitik und endeten je nach Ausrichtung bei den Grünen oder der CDU, andere blieben ihrem antistaatlichen Anspruch als Bewegungen treu.
Generell galt stets die Basisdemokratie als Organisationsform und der parteipolitischen Ebene gegenüber bestand und besteht bis heute seitens der Aktivist*innen und Mitarbeiter*inneneine deutliche Distanz. Räume werden keinen Parteien vermietet – nicht einmal linken Kleinstparteien. Eine Ausnahme stellt lediglich die feministische Partei – Die Frauen.
Eine ganze Weile war der Status des Hauses nicht legal abgesichert. Die Räume galten zwar nicht als besetzt, aber auch nicht darüber hinaus als legalisiert…. Irgendwo dazwischen war der Status. Im Raum stand allerdings zeitweilig eine Übertragung des Hauses, welches von der Treuhandgesellschaft im Zuge des Einigungsprozesses verwaltet wurde, an die Nutzer*innen, wofür der Trägerverein eine eigene Stiftung gründete. Diese ist bis heute Trägerin des Hauses.
Letztendlich wurde daraus aber nichts, da die Lage in Berlins Mitte ein lukratives Geschäft versprach. Die neuen Eigentümer des Hauses kauften sich dann mit einer nicht ganz bei den einzelnen Gruppen unumstrittenen Geldspende in den 1990er Jahren frei. Neue Räumlichkeiten mussten gefunden werden – und nicht alle Gruppen zogen mit.
Die neuen Räume fand man in der Greifswalder Straße – unweit des Alexanderplatzes. Alleine von der Geldspende war aber das neue Objekt nicht zu kaufen. Die Grundstückspreise waren ja mittlerweile auf Westniveau angestiegen. Als Ausweg bot sich eine Kooperation mit Amnesty International an, die selber ein Haus der Menschenrechte begründen wollte. Gemeinsam kaufte man das Haus – und erweiterte den ursprünglichen Namen „Haus der Demokratie“ um den Zusatz „und Menschenrechte“. Der Bundesverband von Amnesty International hat in der Zwischenzeit andere Räume bezogen, aber der Berlin-Brandenburger Landesverband sitzt bis heute im Haus. Die Kooperation mit Amnesty International hatte noch in einer zweiten Hinsicht eine große Bedeutung. Im neu geschaffenen Haus der Demokratie und Menschenrechte kooperierten west- und ostdeutsche NGOs zusammen. Die für den Kauf erforderliche Summe erforderte die Aufnahme eines Kredits, der bis heute abbezahlt wird.
Von den ursprünglichen Organisationen ist nicht mehr viel übriggeblieben. Dafür gibt es ein Potpourri aus Initiativen aus Ost und West. Zurzeit nutzen ca. 60 NGOs und Initiativen – von einer kirchlichen Friedensbibliothek, dem Flüchtlingsrat, der anarchistischen Bibliothek der Freien, die ostdeutsche Quartalszeitschrift telegraph (ex-Umweltblätter) bis zu Ingenieure ohne Grenzen und der Tibet Initiative Räume im Haus.
Daneben ist das Haus der Demokratie mit seinem Robert Havemann-Saal, eine Hommage an den bekannten DDR-Oppositionellen, ein wichtiger Veranstaltungsort in Berlin für kulturelle und politische Veranstaltungen. Hier werden regelmäßig Ausstellungen gezeigt, literarische Lesungen und politische Vorträge organisiert sowie Filme projiziert. Der Eintritt zu diesen Veranstaltungen der Stiftung ist stets frei. Im Juni steht das Programm unter dem Motto „Selbstorganisierte Bildung“, im Juli geht es um das Thema „Lichter der Großstadt“ und ab September wird der Blick auf Kolumbien gerichtet.
Auch externe Gruppen können – sofern diese in ihrer Zielsetzung und politischen Ausrichtung mit den Zielen des Hauses kompatibel sind – Räume für Veranstaltungen mieten. So kann es auch schon mal sein, dass sich Teile der Berliner Krankenhausbewegung im Haus trafen oder die Wahl eines Betriebsrates eines größeren Unternehmens in den Räumen stattfinden.
Das Haus ist somit auch nach über dreißig Jahren noch eine Art Bewegungshaus, wenn auch sicherlich nicht mehr so radikal wie in den Anfangstagen – und weniger als der Kreuzberger Mehringhof. Dennoch lohnt sich ein Besuch der Veranstaltungen. Das aktuelle Programm findet sich jeweils auf der Website des Hauses.
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