TalcoSeit diesem Samstag weiß ich, dass Costa Cannabis einen italienischen Bruder hat!


Berlin, 5.2.11 / im SO36: Was macht man, wenn man sich auf ein Konzert schon wochenlang freut und dann kurz davor von einem fiesen grippalen Infekt niedergestreckt wird? Man könnte sich ärgern und zu Hause bleiben. Man könnte aber auch alles dran setzen sich irgendwie aufzuputschen, um das Konzert zu erleben. So geschah es an diesem Abend. Gute zwei Gramm Paracetamol und Koffein in rauen Mengen ließen vergessen, dass man noch Stunden vorher mit Triefnase und dickem Kopf zu Hause saß. Ich lass mir doch TALCO nicht entgehen!

Sie spielten schon öfters im SO36 und die Abendkasse war oft ausverkauft. Diesmal jedoch waren bereits die Katen im Vorverkauf vergriffen! An die 50 Leute hofften ohne Erfolg, vor dem Beginn der Show noch eine Karte zu ergattern, welche 20.30 Uhr begann.
Drinnen angekommen, herrschte eine angenehme Atmosphäre, denn die Massen verteilten sich gut bzw. kamen später (wodurch sie aber auch die erste Band des Abends verpassten: ASHPIPE).
Die Italiener eröffneten das Konzert und überraschten mit einer seltenen Besetzung für den Bereich Folk-Punk / Ska-Punk. Die beiden Sänger, welche optisch sowie gesanglich sehr markant waren, sangen mal zusammen und mal abwechselnd. Dazu kam ein Geiger. Vom Stil her bot die Band eine bunte Mixtur. Die Musiker tobten sich in englischer und auch in ihrer Heimatsprache zwischen Skapunk, Folkpunk und Melodic Punkrock aus.
Seit diesem Samstag weiß ich auch, dass Costa Cannabis (Sänger von SONDASCHULE) einen italienischen Bruder hat.
Dem Publikum gefiel die Band und so wurde die Schar vor der Bühne immer zahlreicher. Besonders die anwesende Weiblichkeit bewegte sich, während sich der maskuline Teil durch Beinwippen langsam eingroovte. Tolle Show, klasse Sound, klasse Band. ASHPIPE, sollte man sich ab sofort merken.

Nach der Umbaupause betraten THE DREADNOUGHTS aus Vancouver die Bühne. Bevor es mit der Musik losging, durfte das Publikum das Bühnengetränk des Bassers probieren.
Der erste Song überraschte mit schnellem, perfekten Zusammenspiel und mitreißender Bühnenperfomance. Das war Celtic Punkrock, wie ihn vielleicht THE REAL MC KENZIES in jungen Jahren gespielt hatten. Es war schnell, irre, mitreißend, schlichtweg begeisternd. Das Publikum (von dem überraschend viele die mir bis dato unbekannte Band kannten) drehte sofort durch, und hatte eine Menge Spaß. So hätte es weitergehen können. Danach läutete allerdings der Song "Polka never dies" eine Kehrtwende ein – nun wurden ungefähr 45 Minuten lang Polka und Punk geboten. Die Band drehte auf der Bühne komplett durch. Die Jungs gaben schlichtweg alles. Sie sprangen ins Publikum, machten schlechte Witze und spielten eine eindrucksvolle Show. Allerdings waren einige Songs von den Texten recht flach und auch der Auftritt von THE DREADNOUGHTS im gesamten zeigte, dass sie eher als Partyband taugen. Das nämlich können sie verdammt gut und da haben sie auch Spaß dran.

Von TALCO gab es danach Politik, gesellschaftliche Themen und entsprechendes Engagement. Das anwesende Publikum tanzte bei den ersten Takten sofort los. Die schon aufgeheizte Stimmung stieg noch mehr an. Die Jungs sahen auf ihrem letzten Konzert der Tour frisch und unverbraucht aus. Sie bedankten sich mehrmals beim Publikum für die tolle Stimmung und unzähligen Freunden für den Gig. Hochmelodischer Punkrock trifft Ska und Einflüsse aus Südosteuropa, so könnte man TALCO beschreiben. Dazu nehme man noch die angenehme italienische Sprache, perfektes Zusammenspiel und eine Liebe zur Geschwindigkeit. Die Jungs treiben nun schon etlichen Jahre ihr Unwesen und auch wenn ich schon einige ihrer Shows gesehen habe, faszinieren sie mich immer wieder. Da es der Tourabschluss war, wurde auf der Bühne mit den Leuten aus Kanada noch ein bisschen gefeiert. Es war eine klasse Zeit in einem sehr heißen und feuchten Saal. Egal, tanzen, Spaß haben und die Zeit genießen. Dabei nicht vergessen, dass Silvio Berlusconi immer noch ein Arschloch ist, Antifaschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen ist und dies auch leider immer wieder gesagt werden muss.
Nach zwei Zugaben, von denen die letzte garantiert nicht eingeplant war, ging es dann zufrieden und glücklich nach Hause. Lächelnde verschwitzte Gesichter im Publikum bestätigten mir, dass ich mit meinen Empfindungen nicht alleine war.
Es war vielleicht nicht der beste Gig von TALCO in Berlin, aber das kann auch an meinem Zustand gelegen haben. Selbst wenn es stimmen sollte, so wäre es Jammern auf hohem Niveau.