broken_bellsDer stille Profi

30.03.2014, Huxleys Neue Welt, Berlin. Es gibt Konzerte, für die man hunderte von Kilometern zurücklegt. Konzerte, die man jetzt erlebt oder nie. Konzerte, mit denen man später in bester Hipster-Manie angeben kann. Ein genau solches Event fand nun im Huxleys statt: BROKEN BELLS kamen für einen einzigen Auftritt nach Deutschland. Die Tickets waren in Windeseile vergriffen, sodass der Gig aufgrund des Andrangs vom Postbahnhof in die größere Location am Hermannplatz verlegt werden musste. Doch warum der ganze Aufruhr? Das liegt vor allem daran, dass die Größen James Mercer – bei Indie-Nerds bekannt als Frontmann von THE SHINS – sowie Brian Burton alias DANGER MOUSE die Schöpfer dieser einzigartigen Band sind. Das Gespann trifft sich für das Projekt nur alle paar Jahre und gibt dementsprechend weltweit sehr wenige Konzerte. Nach dem ersten selbstbetitelten Album erschien 2014 nach vier Jahren der Nachfolger „After the Disco“, der spielend leicht die Herzen der Kritiker und Fans eroberte. So lockten BROKEN BELLS an diesem Abend ein breit gemischtes Publikum aus ihren Höhlen.

Zunächst ist das Huxleys ohnehin die bessere Wahl für dieses Event gewesen. Es bietet mehr Platz in allen Dimensionen, vor allem nach oben. Bei verträumtem Indie-Pop dieses Kalibers kam der Raumgewinn der Atmosphäre sowie dem Sound allemal zu Gute. Zudem ist die Ausleuchtung der Halle sehr gelungen. Punkt 20.00 Uhr legte die Vorband GARDENS & VILLA aus Kalifornien mit ihren durchdachten Arrangements los. Satte Synthesizer, eine beschwingte Flötenmelodie und jede Menge elektronische Spielereien erzeugten eine Stimmung wie bei „La Boum“: Schüchtern wankt die Menge hin und her, vereinzelt wird sich geküsst und umarmt, viele der inzwischen wieder angesagten Frisuren erinnern ebenso stark an die 80er wie die Musik selbst. Die fünfköpfige Truppe überzeugte mit süßen, verspielten Songs und passte stilistisch gut in den Abend hinein.

Es folgte eine äußerst zähe Umbaupause – satte 30 Minuten dauerte es, bis die Bühne für BROKEN BELLS freigegeben wurde. Das im Scheinwerferlicht glitzernde Schlagzeug, drei schick gestaltete Stationen mit Keyboards und anderem Schnickschnack sowie eine mysteriös anmutende, schwarz verspiegelte Halbkugel in der Mitte der Bühne verstärkten die Vorfreude auf die Band. Letzteres war sicher nur der Beamer, der stets hypnotische Videoprojektionen an die Wand hinter der Band warf. Mercer und Burton betraten die Bühne in perfekt gebügelten Anzügen und eröffneten mit „Perfect World“ vom aktuellen Album das Set, um das bisher noch zurückhaltende Publikum aus der Reserve zu locken. Dies gelang ihnen trotz der atemberaubenden Performance leider erst später am Abend – vielleicht lag es daran, dass die meisten Songs trotz ihrer durchaus peppigen Natur auch sehr introvertiert sind. Und so wurde auch bei flotten Stücken wie „Control“ eher verhalten getanzt und kaum mitgesungen. James Mercers Stimme ist live jedenfalls noch beeindruckender als auf Platte. Jeden Ton legt er geschmeidig auf die süßen Klänge der Musik, so wie eine Daunenfeder, die in geschmolzener Schokolade landet.

BROKEN BELLS haben zwar erst zwei Alben veröffentlicht, dennoch reichte die Menge an hochwertigen Songs aus, um den Abend abwechslungsreich zu füllen. Selbst ruhige Titel wie „The Angel and the Fool“ entfalteten sich in der Halle hervorragend, insbesondere das gänsehauterregende Pfeif-Solo von James Mercer. Überhaupt war es faszinierend, wie die Band mit nur vier Mitgliedern die vielschichtigen Arrangements vom Album so exakt live umsetzte. Selbst die Backing-Vocals vom Drummer und dem Gitarristen waren auf den Punkt genau. Alle Bandmitglieder beeindruckten durch ihr vielseitiges Talent in mindestens drei Disziplinen. Besonders stach jedoch Brian Burton hervor. Egal ob Bass, Schlagzeug, Keyboards oder Xylophon: Er machte jeden Klang zu purem Gold. Und dabei sah er so bescheiden wie elegant aus, ein Musiker durch und durch. Ohne ein Wort zu sagen, zog er das komplette Konzert durch. Er ist ein stiller Profi.

Nach dem obligatorischen Mehr-Klatschen-für-mehr-Songs kamen die Herren zurück und spielten noch drei weitere Titel, darunter endlich auch das beliebte Stück „October“, ohne das der Abend nicht komplett gewesen wäre. Auch diesmal verabschiedete sich das Ensemble wortkarg, aber freundlich grinsend von der Bühne. Der Gentleman genießt und schweigt.

Alle Songs des Abends:

1. Perfect World

2. The Ghost Inside

3. After the Disco

4. Mongrel Heart

5. The Mall & Misery

6. The Angel and the Fool

7. Holding On for Life

8. Vaporize

9. Control

10. Meyrin Fields

11. Sailing to Nowhere

12. Medicine

13. The Changing Lights

14. Leave It Alone

15. The High Road

-------------------------------------------------

16. Citizen

17. Trap Doors

18. October

 

pd