wightZeit ist (wichtiger als) Geld!

Stonerrock, Psychedelic Rock, Doom – man denkt dabei sicher nicht ganz zu Unrecht an schwermütige Hippies, die der bösen Welt mit dicken Joints trotzen. Dass das auch ganz anders geht bezeugt das Trio WIGHT. Bandgründer, Gitarrist und Sänger René Hofmann sprach mit uns über das Leben als Musiker, die GEMA und noch mehr.

WAHRSCHAUER: Wie kam euer Album "Through The Woods Into Deep Water" bei den Leuten an?

René: Dadurch, dass wir uns etwas vom reinen Doom verabschiedet und für andere Stilen geöffnet haben, erreichen wir ein breiteres Publikum. Das schlägt sich auch in der Presse nieder. Die Reaktionen sind durchweg

positiv und wir freuen uns, auch Leute zu erreichen, die sich nicht nur zur Metalszene zählen. Das ist uns wichtig, weil wir uns auch nicht ausschließlich als Teil der Metal- bzw. Doom- oder Psychedelicszene sehen.

W: Seht euch grundsätzlich nicht als Teil einer bestimmten Szene?

R: Nein. Szenen und Subkulturen vervielfältigen und diversifizieren sich ständig. Leute identifizieren sich mit immer verschiedeneren Dingen, vernetzen sich, tauschen sich aus. Man macht Musik, lernt andere Leute kennen, die andere Musik machen, man setzt sich zusammen und probiert was Neues. Da muss man sich fragen, inwieweit man sich an eine bestimmte Szene oder Subkultur binden möchte.

W: Demnach seid ihr nicht auf die Musik festgelegt, die ihr gerade macht?

R: Nein. Ich kann mir gut vorstellen, was Elektronisches oder auch Punk zu machen, ich würde gern Soul singen – vor allem singen! Vielleicht auch was Akustisches oder Pop.

W: Ganz im Ernst?

R: Ja, schon. Der Begriff ist zwar etwas negativ behaftet, aber zu Unrecht, wie ich finde. Es gibt sehr gute Popmusik, zum Beispiel PINK FLOYD. Einige Sachen von denen sind für mich absolute Popmusik. "Another Brick in the Wall" etwa ist ein Popsong, und zwar ein sehr guter.

W: Welche Bedeutung haben Texte bei WIGHT?

R: Der Text folgt grundsätzlich der Melodie. Wobei ich mir schon vorgenommen habe, mehr auf die Texte zu achten, weil man sich mit Worten deutlicher ausdrücken kann als mit Tönen. Würde ich beispielsweise ein Instrumentalstück über das Thema Sehnsucht spielen, könnte ich dem einen Titel geben, der meine Vorstellung, mein Gefühl transportiert. Wenn das Ganze aber Wörter enthält, weißt du genau was ich meine. Dann kann ich die Sehnsucht auch genauer beschreiben, zum Beispiel ob es Fernweh ist, oder das Verlangen, etwas zu erreichen, oder das Verlangen nach einem Menschen.

W: Obwohl die Anzahl eurer Fans wächst ist es scheinbar nicht leicht, von Musik zu leben. Wie vereinbarst du die Musik mit dem restlichen Leben?

R: Musik ist meine große Leidenschaft. Mir geht's darum, meiner Leidenschaft zu folgen, und das tue ich. Das ist für mich ein ganz zentraler Punkt im Leben. Musik machen erfüllt mich mehr als alles andere. Klar: wenn ich jetzt hier sitze, Promos verpacke, Emails schreibe, mit Agenturen verhandele usw., raube ich mir Zeit, in der ich sonst kreativ sein könnte. Leider ist es noch nicht so, dass ich von der Musik allein leben kann. Natürlich wäre es toll, nur Musik zu machen. Aber man muss so viel arbeiten um zu überleben. Für mich ist das echt ätzend. Dieser Stress raubt mir die Muße. Irgendwie beneide ich Leute, die damit klarkommen, regelmäßig zu arbeiten. Ich wäre dazu gar nicht in der Lage. Die Zeit, die mir dabei verloren ginge, ist mir viel wichtiger als alles Geld der Welt! Miete, Versicherung, Krankenkasse, Steuern, Auto – das brauche ich alles nicht, ich werde eh' nicht krank (lacht). Die gesellschaftlich akzeptierten Drogen, die die meisten Krankheiten produzieren, lehne ich ab, die interessieren mich überhaupt nicht.

W: Das ist eine klare Ansage, klingt aber trotzdem stressig.

R: Musiker zu sein, das kann man schon zum Beruf machen. Mit allen Implikationen, was dann von allen Seiten verlangt wird: Konzerte buchen, Management selbst machen, Promotion selbst machen, Label selbst machen, Vertrieb selbst machen, usw.- das ist viel Zeug, aber es geht. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass ich mein Wissen und meine Kontakte anderen Bands als Dienstleistung anbieten kann. Ich bin ja auch Toningenieur und finde notfalls immer einen Job.

W: Du machst also Management und Vermarktung komplett allein?

R: Ja, aber dank Internet ist das einfacher als es klingt. Das Internet ist für junge Musiker das Licht in der Dunkelheit, damit können sie selbst was tun und sind nicht von Konzernen und Major-Labels abhängig. Das Internet hat die klassische Musikindustrie für Tonträger kaputtgemacht, hat aber Vorteile für den kleinen Mann gebracht, weil der jetzt selbst agieren und Kontakte knüpfen kann. Man kann die eigene Band mit ein paar Mausklicks erscheinen lassen. Das Problem ist die Konkurrenz, also die Schwemme von Leuten, die jetzt ihre Musik im Internet verfügbar machen. Die Qualität von Musik sinkt hierdurch natürlich enorm. Wenn du einen gewissen Anspruch an Qualität hast, kannst du jetzt Bands finden, die sich weit von dem abheben, was du vielleicht aus Zeitschriften kennst. Oder die weit darunter bleiben (lacht). Die Auswahl ist viel größer geworden. Im Internet findet jeder was er braucht, die Zahl der Subgenres ist einfach unbegrenzt. Ich kann mir vorstellen, dass der Mainstream aussterben wird.

W: Interessante Theorie.

R:...natürlich nicht ganz (lacht), weil sich nicht jeder Mensch für Musik interessiert. Vielen ist scheißegal was sie hören, die lassen einfach das Radio plätschern. Aber die Vielfalt schwindet auch hier. Im Schnitt sind's vielleicht noch ca. 250 Musiker oder Bands, die jeder Sender spielt. Ich bin auch sehr gespannt was mit der GEMA passiert. Die wird mit ihrem Konzept aus den 1930ern nicht mehr lang überleben.

W: Hoffentlich nicht!

R: Die Musikindustrie, so wie sie war, ist ja Ende der 1990er Jahre komplett weggebrochen. Als ich zum Beispiel vor 15 Jahren angefangen habe, CDs zu kaufen, habe ich ständig CDs gekauft. Weil das die einzige Möglichkeit war, an Musik zu kommen. Jetzt sind CDs eher zu einem Souvenir geworden, das man sich von einem Konzert mitbringt. Ganz egal, in welcher Branche du dich selbständig machst: es dauert immer ein paar Jahre, bis du etabliert bist. Das wichtigste dabei ist, dass man seinen Optimismus nicht verliert.